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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Schumann, Paul: Wilhelm Steinhausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0114
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39°

Paul Schumann—Dresden:

WILHELM STEINHAUSEN.

bald Wittwe geworden war, in die Vorstadt
Berlins zog. Da wanderte der Knabe gern
und lange in die Umgebungen hinaus, wo
jetzt längst auch schon Villen und Paläste
stehen, wo damals aber noch sandige Wege,
flache Wiesen und Tümpel sich erstreckten.
Da grübelte der einsame Knabe mitleidsvoll
über das elende Loos der Grossstadtmenschen,
da aber auch vertiefte sich seine Liebe zur
Natur, schärfte sich sein Blick für die Schön-
heiten der unscheinbaren Landschaft, sam-
melte er Blumen und Pflanzen und damit
die Elemente zu der reizvollen Ornamentik,
die später einen wesentlichen Theil seiner
Kunst ausmachen sollte. Steinhausen be-
suchte zunächst ein Gymnasium, dann, zum
Dekorationsmaler bestimmt, 1863—66 die
Kunstakademie in Berlin, weiter die zu

Karlsruhe, wo er indess
bei der grossen Kränk-
lichkeit seines Meisters
Des Coudres meist auf
sich selbst angewiesen
war. Hier entwarf er 1868
sechs Bibel-Lesezeichen
und 1869 eine Folge von
zehn Zeichnungen zur
»Geschichte von der
Geburt unseres Herrn«.
Hier lernte er auch Hans
Thoma kennen, mit dem
er enge, noch heute an-
dauernde Freundschaft
schloss. Die genannten
Arbeiten brachten ihm
in Berlin den Michael
Beer'schen Preis für Ge-
schichtsmalerei ein; mit
seinem Jugendfreunde
Hans Meyer, dem jetzigen
Professor der Kupfer-
stecherei in Berlin, zog
er nach Italien, wo er in
den Jahren 18 7 1 und 7 2
die goldene Freiheit ge-
noss. Weiter verlebte er
zwei Jahre in München
im Verkehr mit Hans
Thoma und einem kleinen
Kreise literarisch thätiger
Männer, ohne indess hier festen Fuss fassen
zu können. Von Berlin aus aber, wo er
1874—75 zubrachte, führte ihn die Bekannt-
schaft mit dem Architekten Simon Raven-
stein im Sommer 1875 nach Frankfurt a. M.,
und das Glück wollte es, dass er hier seinen
Freund Hans Thoma, der wenige Wochen
früher dahin übergesiedelt war, wieder traf.
Seitdem hat Wilhelm Steinhausen, mit wenigen
durch auswärtige Monumentalmalereien ver-
anlassten Unterbrechungen in Frankfurt a. M.
gelebt. Hier hat er auch mancherlei För-
derung seines Strebens gefunden: vor allem
hat ihm der genannte Architekt wiederholt
Gelegenheit zu monumentalem Schaffen ge-
geben, und in Frl. Livingston, die eine ganze
Reihe seiner Oelgemälde und Zeichnungen
besitzt, hat er eine hochherzige Freundin

Selbst-Bildniss. Oelgemälde.
 
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