JAN TOOROP—IM HAAG.
Kreide-Zeichnung.
JaN Toorop im Haag.
M ls Jan Toorop zum ersten Male in
/ % Deutschland erschien, im Glas-Palast
r"^^ zu München und dann auch in der
A. Ä.Münchener Secession, erregte er
nicht nur das Gelächter derjenigen, die zu
roh oder zu bequem sind, sich mit neuen Er-
scheinungen auseinander zu setzen, sondern
auch begeisterte und erfahrene Freunde der
Kunst, Männer, die erfolgreich den Kampf
der jungen Kunst mitgekämpft hatten, traten
ihm entgegen. Es drangen über Paris aller-
hand merkwürdige Gerüchte über Toorop
nach Deutschland, welche den an sich eigen-
artigen Erscheinungen gegenüber miss-
trauischen Deutschen in seiner Abneigung
nur bestärkten. Wohl musste man zugeben,
dass hier ein aussergewöhnliches Talent wirk-
sam schien, allein die Art, wie es sich
gab, glaubte man als eine kindische Manier,
als ein unlauteres Versteck - Spielen mit
Mystik und Archaismen verurtheilen zu sollen.
Eines Theiles sah man Oelgemälde von seiner
Hand, in jener Technik, die heute als »Poin-
tillismus« in der Malerei der Belgier und
Franzosen eine bedeutsame Rolle spielt, ein-
fache Darstellungen aus dem Leben der
Gegenwart, Innenräume, Bildnisse, Ausblicke
in blüthenreiche Gärten u. s. w. mit höchst
eigenartiger Poesie und einer geheimniss-
vollen, traumhaften Verschleierung, die einen
seltenen Reiz ausübten. Anderen Theiles
aber bemerkte man jene mysteriösen, my-
stischen »Linien-Orgien«, die sich wie Alp-
druck-Visionen ausnahmen, voll räthselhafter
Bezüge, denen nachzuforschen noch bei-
gegebene »Erklärungen« herausforderten.
Ach, vergebens! Hier war mit dem Ver-
stände ebenso wenig durchzudringen als mit
dem gewohnten Kunst-Empfinden. Hier
blieb nichts, als ein resignirtes Zuwarten für
99. XII. 1.
Kreide-Zeichnung.
JaN Toorop im Haag.
M ls Jan Toorop zum ersten Male in
/ % Deutschland erschien, im Glas-Palast
r"^^ zu München und dann auch in der
A. Ä.Münchener Secession, erregte er
nicht nur das Gelächter derjenigen, die zu
roh oder zu bequem sind, sich mit neuen Er-
scheinungen auseinander zu setzen, sondern
auch begeisterte und erfahrene Freunde der
Kunst, Männer, die erfolgreich den Kampf
der jungen Kunst mitgekämpft hatten, traten
ihm entgegen. Es drangen über Paris aller-
hand merkwürdige Gerüchte über Toorop
nach Deutschland, welche den an sich eigen-
artigen Erscheinungen gegenüber miss-
trauischen Deutschen in seiner Abneigung
nur bestärkten. Wohl musste man zugeben,
dass hier ein aussergewöhnliches Talent wirk-
sam schien, allein die Art, wie es sich
gab, glaubte man als eine kindische Manier,
als ein unlauteres Versteck - Spielen mit
Mystik und Archaismen verurtheilen zu sollen.
Eines Theiles sah man Oelgemälde von seiner
Hand, in jener Technik, die heute als »Poin-
tillismus« in der Malerei der Belgier und
Franzosen eine bedeutsame Rolle spielt, ein-
fache Darstellungen aus dem Leben der
Gegenwart, Innenräume, Bildnisse, Ausblicke
in blüthenreiche Gärten u. s. w. mit höchst
eigenartiger Poesie und einer geheimniss-
vollen, traumhaften Verschleierung, die einen
seltenen Reiz ausübten. Anderen Theiles
aber bemerkte man jene mysteriösen, my-
stischen »Linien-Orgien«, die sich wie Alp-
druck-Visionen ausnahmen, voll räthselhafter
Bezüge, denen nachzuforschen noch bei-
gegebene »Erklärungen« herausforderten.
Ach, vergebens! Hier war mit dem Ver-
stände ebenso wenig durchzudringen als mit
dem gewohnten Kunst-Empfinden. Hier
blieb nichts, als ein resignirtes Zuwarten für
99. XII. 1.