Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

DOI Artikel:
Schliepmann, Hans: Haus "Rheingold" in Berlin: eine Meisterschöpfung von Bruno Schmitz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Haus »Rheingold« in Berlin.

kratzenden Gästen, von eiligen Kellnern,
von Geschirrgeklapper und Fußgetrappel
durchtost und entweiht sein: solcher Schön-
heit muß ihr Recht werden; und auch wir
hoffen darum, daß das Haus doch noch als
Konzert- und Versammlungslokal aller-
ersten Ranges wird dienen dürfen. Jeden-
falls haben wir unser Urteil hiernach ein-
zustellen; die Geschmacklosigkeit eines
goldmosaiken-strotzenden, romanisierend-
byzantinisierenden Kaisersaales zur Ver-
tilgung von Münchener Bier und Bock-
würsten, wie wir solchen schon einmal in
Berlin haben, würde ein Bruno Schmitz
nimmermehr mitgemacht haben. Dagegen
mußte er allerdings unter der Hetzpeitsche
des Kapitals die immer mehr umsich-
greifende Geschwindhexerei mitmachen,
die ja mehr und mehr noch als ein beson-
derer Ruhmestitel gilt, statt daß man
gutem Ding Weile läßt.

Um so erstaunlicher ist, was Schmitz
geleistet — liegt doch zwischen Auftrag
und Fertigstellung nur ein einziges Jahr! —
und um so mehr wäre es geboten, über

minder Gelungenes einfach hinwegzugehen;
ein Künstler ersten Ranges ist nach seinen
besten Leistungen, nicht nach einem ge-
legentlichen kleinen Mißgriff zu betrachten.
Und ein solcher Künstler ist Schmitz. Ist
es auch müßig, Rangordnungen festzu-
stellen , so dürfen wir doch auch nicht
vergessen, daß Schmitz in alle Zukunft
als der alle überragende Begründer einer
neuen deutschen Monumentalkunst, ja,
moderner Monumentalkunst überhaupt wird
gelten müssen, und auch sogar vom Aus-
lande als solcher anerkannt wird. Die
hoheitvolle Größe und die stille Wucht
seines Pathos ist erst in letzter Zeit von
Jüngeren nahezu erreicht, von keinem
übertroffen worden.

Merkwürdigerweise hat dieses »Jahr-
hundertgenie« bisher in Berlin kaum
Gelegenheit gehabt, sein Können zu
entfalten. Außer dem Geschäftshause
Dessauerstraße 2, einer Stiftung für die
Papierindustrie, an dem in den einfachsten
Formen doch das Monumentalitätsgefühl
des Künstlers sich herrlich offenbart und

3
 
Annotationen