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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Schliepmann, Hans: Haus "Rheingold" in Berlin: eine Meisterschöpfung von Bruno Schmitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0017

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Haus »Rheingold«- in Benin.

SCHLUSS- STEIN
IM KAISERSAAL.
BILDHAUER PROF.
FRANZ METZNER.

Haus in der Potsdamer-Straße, das nicht
mietsfrei zu bekommen war, lediglich zur
Hälfte umzubauen. Auch ein Gott hätte
aus einem solchen Hause, an dem selbst
die abscheulichsten Firmenschilder noch
jahrelang zu kreischen ein leider nur zu
wohlverbrieftes Recht haben, kein Kunst-
werk gestalten können. Schmitz mußte
sich begnügen, aus den unteren Front-
flächen große Teile herauszuschneiden
und in diese, umgeben von grünge-
flammten weißen Marmor-Pfeilerbeklei-
dungen, bronzene Einbauten für den
Haupteingang und eine sinnreich ästhetisch
veranschaulichte Doppelfahrstuhl - Anlage
hineinzusetzen, Fremdkörper also, die nur
für sich betrachtet werden müssen, um
ihre höchst eigenartige und harmonische
Schönheit genießen zu können.

Desto freier vermochte Schmitz in der
vornehmeren Bellevue-Straße dem Glanz-
punkt seiner Schöpfung, dem großen
Festsaale, auch im Äußeren, durch keine
Rücksichten gehemmt, architektonischen
Ausdruck zu geben. Keine Weinstube,

sondern eine »Weihestätte« großer ernster
und echt deutscher Kunst hat ihm hier
vorgeschwebt. Und wie er solche Weihe-
stätte verkörpert, wie er unter fast völligem
Verzicht auf Kunstformen nur durch
einen geradezu hinreißenden Rhythmus
der großen Linien zu wirken versteht,
das ist durchaus überwältigend. Das
Wunderbarste bleibt mir, wie der Künstler
mit der bodenständigen Kraft und dem
fast herben Ernst römischer oder floren-
tiner Monumentalbauten das leidenschaft-
liche Aufwärtsdrängen der Gotik zu ver-
binden verstanden, ohne doch irgendwie
an einen dieser Stile sich auch nur an-
zulehnen. Da ist alles aus einem Guß,
alles gefühlt und belebt, nichts erklügelt.
Und doch gehörte auch eine ungemeine
Gedankenarbeit dazu, die gar nicht zur
Erscheinung kommende Schwierigkeit der
Aufgabe zu bewältigen, nämlich die Höhe
des Saales mit der polizeilich beschränkten
Gebäudefronthöhe in Einklang zu bringen.
Indem Schmitz die ganze Deckenwölbung
des Saales in das — übrigens ebenfalls

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