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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Breuer, Robert: Vom Schönschreiben und der typographischen Regiekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0107

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Vom Schönschreiben und von der typographischen Regiekunst.

HANS

KEITMANN

MÜNCHEN.

HOLZSCHNITT

»EIN

ARISTOKRAT«.

Stilkritisch hält die deutsche Art des'
Schreibwerkes die Mitte zwischen Johnston
und dem Wiener Larisch. Sie strebt nach
den klaren Zügen und der Lesbarkeit des
Engländers; sie findet aber auch ihr Freude
an der ornamentalen Bildwirkung, die, selbst
auf Kosten einer hahnebüchenen Deutlichkeit,
den Buchstaben in Schönheit formt und das
Schriftfeld einheitlich gestaltet.

Die Existenzfähigkeit eines jeden Kunst-
gewerbes wird bedingt von seiner ökono-
mischen Rentabilität. Kann das Schreibwerk
seinen Mann ernähren? Diese Frage ist mit
Zuversicht zu bejahen. Einige der verschie-
denen Anwendungen wurden schon angeführt,
wir wollen sie noch einmal mit den bisher
ungenannten zusammenfassen. Zuvor aber
sei bemerkt, daß die Schriftstumpfheit des

"Publikums abnehmen und sein Bedürfnis nach
Schreibwerk zunehmen muß in dem Maße,
wie die Leistungen der Schreiber steigen. —
Die Zeit kommt, da es unfair sein wird, Ver-
lobungs-, Hochzeits-, Tauf- und Trauer-An-
zeigen durch Satz herstellen zu lassen; man
wird für diese intimen Kärtchen die Hand-
schrift verlangen. (Technisch steht dem nichts
im Wege, nach der geschriebenen Vorlage ist
die Ätzung in einem Tage herzustellen; dann
können beliebig viele Abzüge gemacht werden.)
Für das Plakat, sämtliche Reklame-Druck-
sachen, die Geschäftskarten, Kataloge, Schutz-
marken, Etiketten, Briefköpfe ist die Hand
schon heute so gut wie unentbehrlich; weil
der intelligente Kaufmann bereits eingesehen
hat, daß nur die originelle, die rhythmisch
interessante und wohl verteilte Schrift die
Aufmerksamkeit erregt und an sich reißt.
»Die konventionelle Schrift wird eher über-

1907. Till. 5.

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