Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

DOI Artikel:
Pirchan, Emil: Bemerkungen zu dem Modell einer Berg-Nekropole für Triest
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0120

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Modell einer Berg-Nekropok für Triest.

ARCHITEKT EMIL PIRCHAN—BRUNN.

Blumenhalter in Keramik.

nicht den willkürlich-natürlichen Bewegungen
und Formen des Terrains ging ich nach,
sondern ich goß diese in ihre geometrische
Elementargestalt, die weisen sollte, daß mensch-
licher Wille sie zum Ausdruckswerte erhob.
— In die Architektur des Geländes setzte ich
die Architektur der Baulichkeiten. Diese ist
die ästhetische Äußerung des Raumerforder-
nisses, das den Gebäudezweck befriedigt. Die
Flächen- und Linienführungen der einzelnen
Bauten sind daher typische Formulierungen
nach außen für die innere Dienstlichkeit der
Räume, die aber in engster Beziehung zu
einander und zu der umfassenden Gesamt-
heit stehen.

Die Bewegung der Aufgänge, die paralle-
listische Reihung der kleinen Einsegnungs-
kapellen, Leichenhallen, Gärtnereien, der hori-
zontale , tragende Schichtenaufbau der sich
verjüngenden Abgleichsebenen, das vertikale
Aufzeigen der Portalleuchttürme und des Kre-
matoriums und die umgürtende Massenführung
der Arkadengänge bereiten das dominierende
Ereignis des Totenfeldes vor: die große Be-
gräbniskirche, zugleich das Pantheon berühmter

Verstorbener, das weit hinaus schimmern soll
über den Smaragd des Meeres: ein Ruf der
Toten an die Lebendigen, ein Denkstein der
Lebenden für die Toten.

Rückwärts spannt sich an die Kirche das
Gräberfeld der Großstadt. Hier lösen sich
die Unterschiede des Seins zur physischen
Gleichheit. Viele hundert Grabstellen schließt
eine gemeinsame Pflanzendecke zu einer Ein-
heit, die Einheiten der Abteilung reihen sich
zur Gesamtheit der Fläche, deren monumen-
tales Wesen und einfache Gliederung gewiß
viel mehr feierliche Pietät, seelische Ruhe,
Größe der Stimmung faßt und birgt, als jemals
von den leider jetzt noch so üblichen »land-
schaftlichen« Totengefilden ausgehen könnten.
In diesen wird mit den Grabstellen im Suchen
nach unsachlicher intimer Wirkung verstecken
gespielt oder diese zusammenhanglos zwischen
regelwidrigen Baumgruppen verstreut. Aber
ein Friedhof ist eben Totenstatt und nicht
Park; weshalb scheuen, die Konsequenzen
zu ziehen? Diese große tektonische Anlage
dagegen macht aus der notwendigen syste-
matischen Gemeinsamkeit des Totenlagers ihr

112
 
Annotationen