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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0298

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Hermann Kesser—Zürich:

ungen und in Kompositionen, werden Raum
und Linie in ihre vollen Rechte eingesetzt,
wobei der Raum in ein »Nebeneinander
farbiger Flächen« zerlegt wird. Das Ent-
scheidende bei Amiet*) liegt in seiner
unmittelbaren dekorativen Wirkung und
der Einfachheit seiner Absichten, die allem
Hineintragen von Wirkungen, die sich
nicht unmittelbar aus einem Kunstwerk

*) Siehe des Verfassers Studie »Kuno Amiet« in
»Kunst und Künstler« (Jahrgang III, Heft 2).

GIOVANNI GIACOMETTI—STAMPA. Kinderbildnis.

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ergeben können, abgeneigt sind. Wenn
sich auf irgend einem der Schweizer
Künstler das Wort anwenden läßt, daß
er nur auf sich selbst abstelle, so ist es
Kuno Amiet, mit Hodler die stärkste
Kraft der Neuschweizer Schule und über-
dies eine Kraft, die sich noch nicht aus-
gegeben hat.

An Amiet schließt sich, als ein starkes
Talent, das amietische Wege geht, eine
bernische Künstlerin, Frieda Liermann
aus Brecherhäusern an, gleichzeitig eine
Malerin von großer illustrativer und deko-
rativer Begabung und damit ein Beweis
für die segensreichen Anwendungen, die
sich aus der Vorherrschaft Amiets für die
angewandten Künste ergeben könnten.

Gibt es Werke, wo sich Hodler und
Amiet berühren, so hat Amiet wieder
einen nahen künstlerischen Verwandten,
den Engadiner Maler Giovanni Giacometli
wie Amiet, ein Maler, der den Nachdruck
auf den farbigen Eindruck legt. Giacometti
kam von Segantini, dem er Freund und
Schüler war und sein Frühwerk steht
deutlich im Zeichen dieses Ratgebers.
Auch er hat sich, darin Amiet gleich,
nach einer fruchtbaren Pariser Lehrzeit
zu einer besonderen koloristischen Formel
zurückgefunden. Von Amiet unterscheidet
er sich durch die Themen seiner farbigen
Vorträge, die Bevorzugung belebter stim-
mungserfüllter Naturbilder mit Mensch
und Tier und das Bestreben, die einzelnen
Farbwerte enger mit einander zu verbinden.
Amiet bevorzugt die ungemischten Töne
und sieht in der Natur nur einen Vor-
wand für seine farbigen Emanationen.
Giacometti läßt die Natur selbst zu Worte
kommen und malt aus einer verdichteten
Gesamtstimmung heraus, am fruchtbarsten
in den frischen Schilderungen seiner
Heimat, des Engadins, am glücklichsten
in der Wiedergabe der poetischen Episoden
seinen ernsten stillen Schönheiten, der
Schafherden auf grünen Bergwiesen, die
 
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