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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0302

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Hermami Kessar—Zürich :

EDUARD STIEFEL—ZÜRICH.

Radierung: Aus dem Lande Canaan.

malerischer Engschrift, dem bloßen An-
deuten des Gegenständlichen greift.

Anders sieht Hermann Gattiker die
Welt an, der namhafteste schweizerische
Radierer, um den sich in Rüschlikon bei
Zürich eine Anzahl von Künstlern gesam-
melt hat. Bei Gattiker schlägt die Sehn-
sucht durch, die reale Welt mit roman-
tischem Empfinden zu durchsetzen. Sein
Schaffensgebiet in Radierung, Zeichnung
und Malerei, drei Gebiete, die sich bei
ihm berühren und durchdringen, ist die
von der natürlichen Architektur der Bäume
oder von phantastischer Architektur be-
herrschte Landschaft. Die Sichtbarkeit
der Technik verschwindet und nur der
Inhalt spricht.

Mit Gattiker sind wir bei jenen Künst-
lern, denen weder die Realitäten der sicht-

baren Welt, denen weder Problemmalerei
noch malerisches Spezialistentum genügen,
bei den schweizerischen Neuromantikern,
dem Häuflein jener Schweizer Künstler, bei
denen wir in das Reich der erzählenden,
fabulierenden und poetischen Malerei
kommen. — Und diese Künstler tun der
Schweizer Kunst gut.

Ohne die Farben und Bilder eines
Albert Welti und Ernst Kreidolf würde die
Schweizer Kunst ihrer strahlenden Lichter
entbehren. Mag Hodlers Linienkunst
überrumpeln, und mögen die Meister der
Farbe erschütternde Dinge über Rot und
Blau verkünden: In uns allen lebt doch, von
keinem Atelier-Dogma zerstört und nicht
von der phantasieärmsten Impressionisten-
epoche ertötet, das Verlangen nach einer
Welt, die uns nicht an das Gestern und
Heute erinnert. Wir wollen aus dem

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