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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Schulze, Otto: Zur Lage des Kunst-Handwerks
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0317

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Zur Lage des Kunst-Handwerks.

PROFESSOR MAX LAUGER—KARLSRUHE.

Raum im Badhause.

rührt. Das Neue gehörte kleinen Kreisen,
man glaubte mit Wellenschlägen der Mode zu
tun zu haben. Man war arg- und sorglos
in der Beurteilung der treibenden Kraft.
Auch der Deutsche wird erst ungeduldig und
aufsässig, wenn es ihm an Geld und Ehre
geht, wenn Standesinteressen und Einnahme-
quellen gefährdet scheinen. Man sucht bei
Feuerlärm ja bekanntlich zu allerletzt das
Brenzliche bei sich im Hause. Und heute soll's
überall angebrannt riechen. Viele sind unzu-
frieden mit dem Ergebnis der Ernte, zu der wir
vor etwa 12 bis 15 Jahren die Saat streuten.
Allerdings, mancher Leichtsinn und Übermut
hat sich an dem Wachstum und Gedeihen teils
gedankenlos, teils berechnend versündigt-, Blitz
und Donner erwachender »Helden« haben
der Ausreife ein »Halt« entgegenzustellen ver-
sucht. Dresden 1906 ist dem einen ein
Sedan, dem andern ein Jena geworden nach
der moralischen wie wirtschaftlichen Wertung.
Und nun platzen die Gemüter aufeinander.
Gebt mir meinen Namen, gebt mir mein Geld
wieder, so schallt es hüben und drüben. Ich
wäre nicht ungehalten darüber; wo Massen
in Fluß sind, ist Bewegung, ist Fortschritt.

Aber der T o n bei diesem Drängen und
Schieben könnte ein ruhiger, dem Ziele der
Bewegung »angepaßterer« sein. Mit Schreien
allein ist nur in seltenen Fällen etwas zu
erreichen; der ehrlichste Kampf wird
mit Waffen gleicher Art gekämpft.

Es scheint mir durchaus gerechtfertigt,
daß die von großen wirtschaftlichen Ver-
schiebungen Betroffenen darauf aus sind,
Schädigungen von sich möglichst abzuweisen.
Nicht immer ist das möglich- das Neue wird
stets eine Entwertung des Alten herbeiführen.
Fragen wir alte Vergoldermeister, was ihnen
von der früheren Herrlichkeit ihres Gewerbes
geblieben ist, oder den Hauderer, der von
der Eisenbahn, den Droschkenkutscher, der
seine Rosinante der »Elektrischen« hat opfern
müssen I Hat auch sonst jemand der Er-
sterbung der Gußeisenseuche eine Träne nach-
geweint, nachdem wir wieder gelernt hatten,
das Eisen im Feuer durch Hammer und
Ambos zu adeln! Und wie vielen Surrogaten
und Imitationen sind wir bis aufs Messer zu
Leibe gegangen. Dadurch sind wirtschaftliche
Verschiebungen in der. Art und Weise des
Geldverdienens eingetreten, aber doch keine

J'.)07. XII. 2.

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