Geschmackskunst.
A. PÖSSENBACHER MÜNCHEN-BERLIN.
Atlantik-Hotel, Hamburg. Segeljacht-Koje.
Motive und gute Ideen aufzuspüren und zu
verwerten. Sie arbeiten mit den Erfahrungen
von Generationen, mit allen Stätten der Kul-
tur stehen sie in Fühlung. Was sie zeigen,
auch wenn es einem Einfall der Laune ent-
sprungen scheint, ist sicher schon reiflich er-
probt. Man läßt experimentieren, dann wägt
man, sichtet man und akzeptiert, nachdem alle
Härten und Sonderlichkeiten abgestreift sind.
Daher bekommen diese Arbeiten das Reife,
Ruhige, Ausgeglichene. Es ist kaum etwas da-
rin, was überrascht, aber man wird angezogen
durch die leise Harmonie, die in ihnen ruht,
durch die außergewöhnliche Feinheit des Tons.
In diesen Räumen soll absolut nichts besonders
auffallen und erregen. Alle lauten und deut-
lichen Konstruktionen sind vermieden, wie ein
Schleier liegt es über den Dingen, der ihre
brutale Bestimmtheit dämpft und auflöst. Hef-
tige Reden und Gesten scheinen in diesen Räu-
men unmöglich. Sie sind nur für kultivierte und
wohlerzogene Menschen,fürbeste Gesellschaft.
Es ist aber doch recht bemerkenswert, was
dieser „besten Gesellschaft" jetzt geboten
werden kann. Da ist eigentlich keine Spur
von Protzerei. Ornamentaler und plastischer
Schmuck kommt fast gar nicht vor. Die Wände
breiten sich in edlen großen Flächen aus, die
Möbel haben exakte, knappe Formen, die
Hauptlinien der Architektur sind durch keinen
Bruch, keine schnörkelhaften Ausschweifungen
gestört. Man hat immer wieder gepredigt,
nicht der Schmuck macht die Vornehmheit,
hier ist ein augenfälliger Beweis, auch bei
historischen Stilen wirkt das Schlichte, inner-
lich Bedingte noch lange nicht dürftig. Pössen-
bacher hat eine auffallende Kunst, die geraden
Linien weich, leicht und elegant zu ziehen.
Und selbst der Rundbogen ist ohne Schwere.
Das ist charakteristisch für die neueren Ar-
beiten der Firma Pössenbacher, diese reiz-
volle, delikate Behandlung der Geraden, der
einfachen Bögen, der rechtwinkligen Flächen.
Es ist, als wären sie von Frauenhand gezogen,
so sind sie aller geometrischen Härte entkleidet.
Man hat bei Pössenbacher einen ganz be-
1910. II. 5.
141
A. PÖSSENBACHER MÜNCHEN-BERLIN.
Atlantik-Hotel, Hamburg. Segeljacht-Koje.
Motive und gute Ideen aufzuspüren und zu
verwerten. Sie arbeiten mit den Erfahrungen
von Generationen, mit allen Stätten der Kul-
tur stehen sie in Fühlung. Was sie zeigen,
auch wenn es einem Einfall der Laune ent-
sprungen scheint, ist sicher schon reiflich er-
probt. Man läßt experimentieren, dann wägt
man, sichtet man und akzeptiert, nachdem alle
Härten und Sonderlichkeiten abgestreift sind.
Daher bekommen diese Arbeiten das Reife,
Ruhige, Ausgeglichene. Es ist kaum etwas da-
rin, was überrascht, aber man wird angezogen
durch die leise Harmonie, die in ihnen ruht,
durch die außergewöhnliche Feinheit des Tons.
In diesen Räumen soll absolut nichts besonders
auffallen und erregen. Alle lauten und deut-
lichen Konstruktionen sind vermieden, wie ein
Schleier liegt es über den Dingen, der ihre
brutale Bestimmtheit dämpft und auflöst. Hef-
tige Reden und Gesten scheinen in diesen Räu-
men unmöglich. Sie sind nur für kultivierte und
wohlerzogene Menschen,fürbeste Gesellschaft.
Es ist aber doch recht bemerkenswert, was
dieser „besten Gesellschaft" jetzt geboten
werden kann. Da ist eigentlich keine Spur
von Protzerei. Ornamentaler und plastischer
Schmuck kommt fast gar nicht vor. Die Wände
breiten sich in edlen großen Flächen aus, die
Möbel haben exakte, knappe Formen, die
Hauptlinien der Architektur sind durch keinen
Bruch, keine schnörkelhaften Ausschweifungen
gestört. Man hat immer wieder gepredigt,
nicht der Schmuck macht die Vornehmheit,
hier ist ein augenfälliger Beweis, auch bei
historischen Stilen wirkt das Schlichte, inner-
lich Bedingte noch lange nicht dürftig. Pössen-
bacher hat eine auffallende Kunst, die geraden
Linien weich, leicht und elegant zu ziehen.
Und selbst der Rundbogen ist ohne Schwere.
Das ist charakteristisch für die neueren Ar-
beiten der Firma Pössenbacher, diese reiz-
volle, delikate Behandlung der Geraden, der
einfachen Bögen, der rechtwinkligen Flächen.
Es ist, als wären sie von Frauenhand gezogen,
so sind sie aller geometrischen Härte entkleidet.
Man hat bei Pössenbacher einen ganz be-
1910. II. 5.
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