Bruno Paul als Architekt.
aus der hinter ihr liegenden Raumgruppierung
ergibt und mit deren Gliederung auch deren
Rhythmus nach außen hin zum Ausdruck bringt.
Sie liegt weiterhin in dem ruhigen und wohl-
tuenden Verhältnisse ihrer eigenen Teile zu
einander, nicht zuletzt aber in der fein emp-
fundenen Art, wie das ganze Gebäude in das
Grundstück hineinkomponiert ist. —
Man fragt sich, was den dereinstigen Maler
zu einer so vollkommenen Lösung auf dem
Gebiet der Architektur befähigte und gewiß
wird mancher Berufsarchitekt diese Leistung
eines außerhalb des Faches Stehenden mit
gemischtem Gefühl betrachten. Aber liegt
nicht vielleicht gerade in diesem Umstand
selbst, daß Bruno Paul nicht den zünftigen
Bildungsgang des Architekten durchgemacht
hat, eine Erklärung für das Gelingen?
Erst kürzlich hat Muthesius („Die Einheit
der Architektur", Berlin, Karl Curtius 1908)
darauf hingewiesen, daß bei der architektoni-
schen Berufsausübung der Sinn für die Raum-
bildung nur allzusehr von dem Streben nach
der plastischen Ausgestaltung der Fassade in
den Hintergrund gedrängt werde. Auch wird
es dem Architekten, der durch sein Studium
gezwungen ist, eine gewisse Herrschaft über
die Stilformen aller Zeiten zu gelangen, schwer,
sich von diesen ganz zu emanzipieren und sich
lediglich derjenigen Formen zu bedienen, die
unserer modernen Technik und Bedürfnissen
entsprechen. Gewiß haben auch Berufsarchi-
tekten wie Messel und Hoffmann es in hohem
Grade verstanden, sich von der Herrschaft
einer bloßen Fassadenkunst und den Fesseln
alter Stilformen unabhängig zu machen, sodaß
ihnen aus ihrer Vorbildung kein Hindernis be-
friedigender Raumgestaltung erwachsen ist,
ihnen sogar die Verwendung alter Stile oft
als wirkungsvolle Unterstützung ihrer Zwecke
nützlich ist. Trotz alledem bleibt ein noch
stärkeres Loslösen von all diesen Requisiten
vom Standpunkt einer völlig unabhängigen
modernen Kunst doch das wünschenswerteste.
Architektur ist die Kunst der Raumbildung.
Während nun der Berufsarchitekt sich mühsam
vom althergebrachtenWeg, der von der Fassade
zur Raumgestaltung führt, losringen muß,
kommt Bruno Paul gerade umgekehrt von der
Raumgestaltung her und gelangt von ihr zur
Ausbildung der Fassade. Mag immerhin noch
eine reichere Ausgestaltung des Hausäußeren
denkbar erscheinen, nie wird sie befriedigen,
ohne den Ausgangspunkt und die Grundlage,
die Bruno Paul hier gefunden hat. —
Merkwürdig ist übrigens der ganze Weg,
den die Entwicklung unserer modernen Nutz-
kunst und mit ihr Bruno Paul genommen hat,
um an das heute erreichte Ziel zu gelangen.
Vom Bild an der Wand stieg die hohe Kunst
sozusagen herab und nahm zunächst Besitz
von den aller unwesentlichsten Gegenständen
des Gebrauchs als Vasen, Plakaten, Exlibris,
dann machte sie sich an die einzelnen Möbel,
vom einzelnen Möbel ging es zur Gruppierung
der Möbel zueinander und dann der Möbel zum
ganzen Raum. Paul hat als einer der ersten diese
Raumkunst inauguriert; nun hat er auch die
weiteren Schritte getan: von der Kunst des
Raums zur Kunst der Räume, zur Architektur.
Es ist hier nicht der Ort, über den Grund
dieses eigenartigen Weges der Entwicklung
vom Entlegensten zum Notwendigsten nachzu-
grübeln. Nur darauf sei hingewiesen, daß die
allerschwerste Aufgabe, aber auch die aller-
notwendigste auf dem einmal in Angriff ge-
nommenen Gebiete immer noch ihrer Lösung
harrt, nämlich eine wirklich befrie digende
Gestaltung unseres großen Etagen-
Mietshauses, das doch nun einmal bei uns
dem Hauptteil der städtischen Bevölkerung als
Wohnung dient. Auch hier kann nur der von
Bruno Paul eingeschlagene Weg zum Erfolg
verhelfen, nämlich streng von innen nach
außen zu bauen.
Der Mann, auf den man diese Hoffnung mit
Fug und Recht setzen konnte, Alfred Messel,
ist vor kurzem dahingegangen. Möge es zum
Trost gereichen, daß wir in Bruno Paul eine
Persönlichkeit besitzen, die ihrem ganzen
Werdegang nach auf das beste befähigt ist,
den begonnenen Weg weiter zu schreiten, wenn
ihr nur Gelegenheit dazu gegeben wird.
Es ist unbegreiflich, daß z. B. die zahlreichen
Terraingesellschaften und Bauunternehmungen
um Berlin, die sonst alles tun, um das Publi-
kum für sich zu interessieren, bis heute noch
nicht auf den Gedanken gekommen sind, das
Bedürfnis so vieler den besseren und wohl-
habenderen Schichten angehörender und auf
die Mietswohnung angewiesener Personen
nach einem guten Etagenhaus sich zu nutze
zu machen, Es kann gar keinem Zweifel
unterliegen, daß ein nach den obengeschil-
derten Grundsätzen gebautes und ausgestal-
tetes Mietshaus großen Zuzug haben würde.
Neben einer früheren Arbeit des Künstlers,
dem Weinhaus Nürnberg, und dem Modelle
einer Villa, bringt dieses Heft eine weitere
neue Arbeit, das Sporthaus des Berliner Lawn-
Tennis-Turnier-Clubs. In seinem Aufbau er-
innert es unwillkürlich an einen griechischen
179
aus der hinter ihr liegenden Raumgruppierung
ergibt und mit deren Gliederung auch deren
Rhythmus nach außen hin zum Ausdruck bringt.
Sie liegt weiterhin in dem ruhigen und wohl-
tuenden Verhältnisse ihrer eigenen Teile zu
einander, nicht zuletzt aber in der fein emp-
fundenen Art, wie das ganze Gebäude in das
Grundstück hineinkomponiert ist. —
Man fragt sich, was den dereinstigen Maler
zu einer so vollkommenen Lösung auf dem
Gebiet der Architektur befähigte und gewiß
wird mancher Berufsarchitekt diese Leistung
eines außerhalb des Faches Stehenden mit
gemischtem Gefühl betrachten. Aber liegt
nicht vielleicht gerade in diesem Umstand
selbst, daß Bruno Paul nicht den zünftigen
Bildungsgang des Architekten durchgemacht
hat, eine Erklärung für das Gelingen?
Erst kürzlich hat Muthesius („Die Einheit
der Architektur", Berlin, Karl Curtius 1908)
darauf hingewiesen, daß bei der architektoni-
schen Berufsausübung der Sinn für die Raum-
bildung nur allzusehr von dem Streben nach
der plastischen Ausgestaltung der Fassade in
den Hintergrund gedrängt werde. Auch wird
es dem Architekten, der durch sein Studium
gezwungen ist, eine gewisse Herrschaft über
die Stilformen aller Zeiten zu gelangen, schwer,
sich von diesen ganz zu emanzipieren und sich
lediglich derjenigen Formen zu bedienen, die
unserer modernen Technik und Bedürfnissen
entsprechen. Gewiß haben auch Berufsarchi-
tekten wie Messel und Hoffmann es in hohem
Grade verstanden, sich von der Herrschaft
einer bloßen Fassadenkunst und den Fesseln
alter Stilformen unabhängig zu machen, sodaß
ihnen aus ihrer Vorbildung kein Hindernis be-
friedigender Raumgestaltung erwachsen ist,
ihnen sogar die Verwendung alter Stile oft
als wirkungsvolle Unterstützung ihrer Zwecke
nützlich ist. Trotz alledem bleibt ein noch
stärkeres Loslösen von all diesen Requisiten
vom Standpunkt einer völlig unabhängigen
modernen Kunst doch das wünschenswerteste.
Architektur ist die Kunst der Raumbildung.
Während nun der Berufsarchitekt sich mühsam
vom althergebrachtenWeg, der von der Fassade
zur Raumgestaltung führt, losringen muß,
kommt Bruno Paul gerade umgekehrt von der
Raumgestaltung her und gelangt von ihr zur
Ausbildung der Fassade. Mag immerhin noch
eine reichere Ausgestaltung des Hausäußeren
denkbar erscheinen, nie wird sie befriedigen,
ohne den Ausgangspunkt und die Grundlage,
die Bruno Paul hier gefunden hat. —
Merkwürdig ist übrigens der ganze Weg,
den die Entwicklung unserer modernen Nutz-
kunst und mit ihr Bruno Paul genommen hat,
um an das heute erreichte Ziel zu gelangen.
Vom Bild an der Wand stieg die hohe Kunst
sozusagen herab und nahm zunächst Besitz
von den aller unwesentlichsten Gegenständen
des Gebrauchs als Vasen, Plakaten, Exlibris,
dann machte sie sich an die einzelnen Möbel,
vom einzelnen Möbel ging es zur Gruppierung
der Möbel zueinander und dann der Möbel zum
ganzen Raum. Paul hat als einer der ersten diese
Raumkunst inauguriert; nun hat er auch die
weiteren Schritte getan: von der Kunst des
Raums zur Kunst der Räume, zur Architektur.
Es ist hier nicht der Ort, über den Grund
dieses eigenartigen Weges der Entwicklung
vom Entlegensten zum Notwendigsten nachzu-
grübeln. Nur darauf sei hingewiesen, daß die
allerschwerste Aufgabe, aber auch die aller-
notwendigste auf dem einmal in Angriff ge-
nommenen Gebiete immer noch ihrer Lösung
harrt, nämlich eine wirklich befrie digende
Gestaltung unseres großen Etagen-
Mietshauses, das doch nun einmal bei uns
dem Hauptteil der städtischen Bevölkerung als
Wohnung dient. Auch hier kann nur der von
Bruno Paul eingeschlagene Weg zum Erfolg
verhelfen, nämlich streng von innen nach
außen zu bauen.
Der Mann, auf den man diese Hoffnung mit
Fug und Recht setzen konnte, Alfred Messel,
ist vor kurzem dahingegangen. Möge es zum
Trost gereichen, daß wir in Bruno Paul eine
Persönlichkeit besitzen, die ihrem ganzen
Werdegang nach auf das beste befähigt ist,
den begonnenen Weg weiter zu schreiten, wenn
ihr nur Gelegenheit dazu gegeben wird.
Es ist unbegreiflich, daß z. B. die zahlreichen
Terraingesellschaften und Bauunternehmungen
um Berlin, die sonst alles tun, um das Publi-
kum für sich zu interessieren, bis heute noch
nicht auf den Gedanken gekommen sind, das
Bedürfnis so vieler den besseren und wohl-
habenderen Schichten angehörender und auf
die Mietswohnung angewiesener Personen
nach einem guten Etagenhaus sich zu nutze
zu machen, Es kann gar keinem Zweifel
unterliegen, daß ein nach den obengeschil-
derten Grundsätzen gebautes und ausgestal-
tetes Mietshaus großen Zuzug haben würde.
Neben einer früheren Arbeit des Künstlers,
dem Weinhaus Nürnberg, und dem Modelle
einer Villa, bringt dieses Heft eine weitere
neue Arbeit, das Sporthaus des Berliner Lawn-
Tennis-Turnier-Clubs. In seinem Aufbau er-
innert es unwillkürlich an einen griechischen
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