Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

DOI Artikel:
Kleine Kunst-Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0378

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kleine Kumt-Nachrichten.

RHEINISCHE SIEGE. Wer mit wachen Augen
. durch den Industriebezirk fährt, wird deut-
lich spüren, dag es dort in Dingen der guten
Architektur und des kunstgewerblichen Ge-
schmackes vorwärtsgeht. Von der eigentlichen
Hochburg der raffiniertesten Künste, von Hagen,
wollen wir hier nicht reden. Das Werk, das durch
die starke Persönlichkeit des Carl Ernst Osthaus
zustande kam, kann nicht gut als ein natürliches
Produkt der kulturellen Entwicklung von Rheinland-
Westfalen eingeschalt werden. Dag Osthaus
durch Peter Behrens und van de Velde just in
Hagen bauen läßt, dag er sein wundervolles
Museum trorj aller Bedenken in der nüchternen,
proletarisierten Stadt verbleiben heigt, das ist
mehr ein Zufall als eine Notwendigkeit. Immer-
hin, man darf den Einflug, der von Hagen aus-
geht, nicht unterschä^en. Worauf es uns aber
hier ankommt, ist: nachzuweisen, dag das allge-
meine Niveau des Industriegebietes steigt. Da
sind zum Beispiel die Bahnhöfe von Rheydt und
München-Gladbach; sehr überzeugende, in Zweck -
mägigkeit schöne, logisch eindrucksvolle Konstruk-
tionen aus Eisenbeton. Kommt man aus Düssel-
dorf, wo die gußeisernen Träger noch als Säulen
mit antiken oder gar naturalistisch geschmückten
Kapitalen ausgebildet sind, so wird man doppelt
den formalen Trieb schälen, der endlich dem Eisen
die homogene Form zu finden wußte. Sehr er-
freulich sind auch die Fortschritte im Landhaus-
bau und nicht geringer die in der Anlage von
Arbeiterkolonien. Was etwa durch die Krupp-
schen Baumeister, besonders durch Schmohl und
Schneegans, geleistet wird, das ist schlankweg
mustergültig. Man braucht gar nicht der frühesten,
nur der nackten Notdurft gehorchenden Arbeiter-
häuser dieser Kolonien zu gedenken', man kann
getrost die Bauten der neunziger Jahre ver-
gleichen, und man wird mit starker Befriedigung
feststellen, wie energisch seit einiger Zeit dem
sozialen Bedürfnis kongenialer Ausdruck, nicht
nur in der Architektur des einzelnen Hauses, auch
in der Anlage und Aufteilung des Terrains, ge-
funden wurde. Etwa: die letjten Erweiterungen
des Alten-Hofes in Essen; sie sind so reif, daß
man sich verleitet sieht, den Vergleich mit eng-
lischen Musterkolonien zu wagen. — Vorzügliche
Häuser, gut errechnete Typen baut Muthesius in
Duisburg. Auch dort bedarf es nur einer kurzen
Wanderung durch die seit etwa zwanzig Jahren
angesiedelten Straßen des Bauvereins, um dem
Gefühllosesten zu demonstrieren, wie aus einer
banalen Schichtung roher Ziegelsteine, durch die
Regie eines geschmackvollen Architekten, freund-
liche Schönheit wurde. - Ein weiteres Symptom
des Fortschrittes ist die Entwicklung der Kunst-

360

gewerbeschule zu Aachen. Unter Direktor Abele
wird viel Gutes geleistet. Das Schulgebäude selbst
weist ein interessantes und trefflich gelungenes
Experiment. Aus einem Fabrikbau im Shedsystem
wurde durch geschickte Disposition eine ebenso
brauchbare, wie ästhetisch wohltuende Anlage
geschaffen. Von den Lehrern dieser Schule hat
besonders der Bildhauer Burger sich hervorgetan;
von ihm] ist der monumentale Brunnen vor dem
Bahnhof, von ihm ist auch das in seiner Stabilität
elastische Denkmal für den „Schmidt von Aachen".
Solcher Art sind die Merkmale, deren einige
wir notieren wollten, um die rheinischen Siege
auf dem Gebiete der Architektur und des Kunst-
gewerbes, der Konstruktion und des Geschmackes,
zu belegen. r. br.

Ä

KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG IN HAM-
BURG. Zur Förderung hamburgischen
Kunstgewerbes wurden dem Kunstgewerbe-Ver-
ein Räume des Museums für Kunst und Gewerbe
zur Verfügung gestellt, um eine Ausstellung
„Raumkunst im neuzeitlichen Landhause" zu ver-
anstalten. Die Ausstellung soll zeigen, daß künst-
lerische und technische Kräfte in Hamburg hin-
reichend vorhanden sind, die in neuzeitlichem
Sinne einfache gediegene Arbeit und kostbare
Einrichtungen und Einzelgegenstände zu schaffen
vermögen. In der verhältnismäßig kleinen Aus-
stellung haben doch die hauptsächlichsten Träger
des hamburgischen Kunstgewerbes eine Ausstel-
lung von ungefähr 30 Räumen zustande gebracht,
in denen nicht weniger als 18 Zimmereinrich-
tungen vertreten sind. In den übrigen Räumen
sind kunstgewerbliche Einzelerzeugnisse, Kera-
miken, Gold- und Silberarbeiten, Hammer- und
Einlegearbeiten in Messing, Beleuchtungskörper,
Posamenten und Modelle von Landhäusern und
Gartenanlagen zur Ausstellung gebracht. Die
großen Firmen haben sich unter Zurücksegung
aller Sonderinteressen zu einer einheitlichen Gruppe
zusammengeschlossen; sie bieten durch dieses
Vorgehen ein vorbildliches Beispiel. Aber auch
die kleinen Geschäfte haben ihr Bestes ge-
leistet. Während der Ausstellung, die am
28. November eröffnet wurde und die bis zum
15. Februar dauert, wurde vor Weihnachten eine
Weihnachtsmesse abgehalten. Eine Ausstellung
von Entwürfen zu Landhäusern, zu Garten-Archi-
tekturen, Gartenanlagen und zu Innenräumen hat
in der Zeit vom 6. bis 26. Januar stattgefunden.
Ebenso lägt der Kunstgewerbe-Verein einen Zyklus
von aufklärenden Vorträgen halten, und zugleich
wird in den legten 14 Tagen noch eine Ausstel-
lung von gewebten Stoffen, Stickereien und Wand-
bekleidungen der Ausstellung wiederum einen
 
Annotationen