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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0379

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Kleine Kunst-Nachrichten.

neuen Reiz verleihen. Alles in allem zeigt der
Kunstgewerbe-Verein, dag er bestrebt ist, die
hamburgischen Aufträge für die hamburgische
Arbeit zu gewinnen, und zugleich Anregungen
im neuzeitlichen Sinne zu geben.

£

HAMBURG. Im September vorigen Jahres
erschien in den „Hamburger Nachrichten"
ein Artikel „Hamburger Baukunst", Kritische
Betrachtungen von Dr. Max Emden. Der Autor
bezweckte damit, die Bewohner Hamburgs für
die Fragen der Baukunst zu interessieren und
ihnen vor Augen zu führen, dag bereits die
schwersten Schädigungen des Stadtbildes aus
der allgemeinen Gleichgiltigkeit erwachsen sind.
Seitens des Hamburger Architekten- und Ingenieur-
Vereins, der Ortsgruppe Hamburg des Bundes
Deutscher Architekten und einzelner Hamburger
Privatarchitekten wurde die Diskussion aufge-
nommen. Teilweise versuchten die Entgegnungen
den Kritiker mit alten, unbrauchbaren Waffen
mundtot zu machen; teilweise boten sie aber auch
zweckmäßige Darlegungen und Präzisierungen der
Ursachen, die in Hamburg — wie auch in andern
Städten — das Können der tüchtigsten Kräfte so
selten in Erscheinung treten lassen. Es wäre
überaus erfreulich, wenn die Diskussionen nicht
ohne Einfluß auf die weitere Entwicklung der
Hamburger Architektur sein würden. Um sie vor
allzuschnellem Vergessenwerden zu bewahren,
hat Dr. Emden sämtliche Ausführungen zu einer
Broschüre zusammenfassen lassen, der auch einige
Artikel ähnlicher Tendenz beigegeben sind:
„Bremen und die Städtebaukunst" von E. Högg,
„Denkmalpflege in Bremen" von Dr. Schäfer,
sowie „Wie bauen wir in Cuxhaven?" und „Wie
müssen wir in Cuxhaven bauen?" von Dr. Paulsen.

£

AUS HANNOVER. Der Kunstverein hat das
. Pech, durch peinliche Vorgänge der Ver-
gangenheit den auswärtigen Künstlern ein wenig
anrüchig geworden zu sein. So kommen zu seinen
Ausstellungen in der Regel nicht viele Gäste, und
das Niveau wird durch die Hannoveraner bestimmt.
Man darf nun sagen, daß die leßte Ausstellung
einen recht anständigen Durchschnitt wahrte. Es
gab eine Reihe interessanter Arbeiten; am meisten
Aufmerksamkeit verdient wohl das Ehepaar Heit-
müller. Er ist der kräftigere, sie die geschick-
tere; beide wandeln sie auf den Spuren Hodlers,
van Goghs und Münchs. Diese Dreifältigkeit be-
deutet eine Gefahr, die indeß, wenigstens bei
einigen Stücken, so bei dem Lupinenfeld, so bei
einem Knabenporträt, trefflich überwunden war.
Eine recht liebenswürdige Künstlerin lernte man
in Aenne Koken kennen. r. b.

Auffallend ist, daß der Hannoversche Künstler-
verein ein so geringes Interesse für das Kunst-
gewerbe hat. Die Ausstellung zeigte uns nur
vereinzelte Stücke; darunter aber eins, das man-
cherlei erhoffen läßt: einen silbernen Tafelaufsaß
von Berthold Körting. Eine delikate und phan-
tastische Arbeit. Es ist wohl keine allzu opti-
mistische Vermutung, daß in Hannover manch
tüchtiger Kunstgewerbler, manch fähiger Innen-
architekt lebt; es wäre an der Zeit und nüßlich,
diesen Leuten Gelegenheit zu geben, sich den
Bürgern und Käufern empfehlen zu können. Es
ließen sich solche Ausstellungen sehr leicht und
großzügig arrangieren, denn wenige Städte haben
ein so geräumiges Künstlerhaus. Nach der Stim-
mung, die besonders in den jüngeren Kreisen
der Hannoverschen Künstler und Kunstfreunde
herrscht, ist hier schon für die allernächste Zeit
eine Wandlung zu erwarten. Daß irgend etwas
unbedingt geschehen muß, dafür zeugte mit
blecherner und tepperner Stimme die leßte Weih-
nachts - Ausstellung in der Kunstgewerbehalle.
Soviel absonderliche Geschmacklosigkeiten hatte
ich schon lange nicht als Ragout genossen. Doch,
mit Bestimmtheit: es wird besser werden. Der
Stadtdirektor Tramm hat offenbar die Notwendig-
keit eines entschlossenen Fortschrittes begriffen.
Die Wahl des Professors Roß, der an der tech-
nischen Hochschule in moderner Auffassung
Kunstgeschichte lehrt, scheint ein hoffnungsvolles
Anzeichen. Die Werkbundidee wird gleichzeitig
von dem erfahrenen Schaper und von den tem-
peramentvollen Jungen gepflegt. Und schließ-
lich: ein Symptom von nicht geringer Bedeutung:
man hat den Erbauer des neuen Rathauses ab-
gelöst, hat sich davor geschürt, durch ihn auch
das Innere verderben zu lassen. Für die Regie
der großen Räume wurde Wallot gewonnen.
Einige sprechen davon, daß Hodler die Wand-
gemälde schaffen wird. Das wäre sehr zu be-
grüßen. Und wenn Schaper an anderen Stellen
die von ihm glänzend beherrschte Technik des
Mosaiks entfaltet, so dürfte das Innere über die
Grobheiten der Außenseite hinwegtrösten.

robert breuer.

Ä

NEUE BAUTEN VON LUDWIG HOFFMANN.
Die Qualität des Berliner Stadtbaumeisters
steigt proportional zu der Fülle der ihm gestell-
ten Aufgaben. Immer freier entfaltet sich das
sichere Können dieses ausgezeichnet verprovian-
tierten Synthetikers. Es ist billig zu sagen, daß
er stets mit ererbten, mit historischen Formen
wirtschaftet. Er ist ein Eklektiker; aber er ist
es auf eine so vollkommene und temperamentvolle
Weise, daß man ihn beinahe einen Schöpfer

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