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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Westheim, Paul: Deutsche Plakat-Kunst: Eine Bilanz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0220

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Deutsche Plakat-Kunst.

Plakatbewegung zu
ziehen, so bleiben
eigentlich nur diese
beiden als selbstän-
dige Pfadfinder und
Richtunggeber. Viel-
leicht kann man noch
einen dritten Namen
anfügen, der die gan-
ze Tragik künstleri-
scher Plakatmacherei
aufzeigt. Ich meine
Ernst Neumann.
Neumann ist unter

Carneval sfeste-'^^cD
dcsChibsdcrRhcinländer

Ausik'llungshaJlcn am Zoo
3<f31.Iaium

gemacht. Allerdings
unfreiwillig. Das
marktgängige Genre
stach den jungen
Leutchen in die Au-
gen. Die meisten
gaben sich zufrieden
mit ein paar Äußer-
lichkeiten ; das Tie-
fere, Organische in
der Flächenauftei-
lung, derFarbenkom-
position, der Grup-
pierung und Stilisie-

den Reklamegraphi- hans rudi erdt-München. Hoiierbaum & Schmidt. rungistihnenHekuba.
kern — wenn diese Trotzdem möchte ich

Abgrenzung mir für einen Augenblick gestat- nicht einstimmen in das große Geschrei über
tet ist — das subtilste, ursprünglichste Talent, dieses vordringliche Epigonentum. Ich weiß
Ein Artist, der ständig auf der Lauer liegt nach nicht, ob es notwendig,ist, daß jede Affiche,

neuen technischen
Möglichkeiten, der
bald dem Holzstock,
bald dem Lithogra-
phiestein oder der
Buchdrucker - Presse
ungekannte Effekte
abnötigt, der gefühls-
mäßig über einen in
Deutschland seltenen
graphischen Esprit
verfügt. Seine künst-
lerische Moral ist so
stark, daß er jedes lau-
liche Kompromiß ab-

D1EDMVE

IN KUNST UND MODE
AUSSTELLUNG IM
HOHENZOLLERN-
KUNSTGEWERBE-

HAUS^äJ

BERLIN
1CjQC)

ist er gipkens wilmersdorf-berlin. Hoiierbaum 6 Schmidt

weist. Daher
„unbequem", „un-
brauchbar" für den Affichenhändler. Ein Trost
mag sein, daß er energisch Schüler ausbildet.
Was unter seiner Anleitung (in der Plakat-
schule Clara E. Fischer, Berlin) entsteht, ist
recht bemerkenswert, ist aussichtsreich. (Und
zwar mehr als jener
Ausweg, durch tüch-
tige Flächen - Auftei-
lung die Schwierigkeit
zu nehmen. Denn
schließlich liegt imWe-
sen des Plakates et-
was Prickelndes, Auf-
reizendes , Nervener-
regendes, was die de-
korativeGediegenheit
allein nicht zu bieten
vermag.) — Bernhard
und Hohlwein haben
natürlich auch Schule

bever-preusser & glasemann. Edler & Krische-Hannover.

die nach 24 Stunden
überklebt, verschwun-
den, vergessen ist,
einen künstlerischen
Vorstoßbedeuten muß.
Ja, ich bin der Mei-
nung, daß für das Pla-
katgewerbe — wie für
alle anderen Gewerbe-
zweige — eine gute
Konvention besser ist,
als der originale, ganz
persönliche Kitsch.
Nur sollten die Herr-
chen auch nach der
anderen Seite die Kon-
sequenz ziehen und
das breitspurige Persönlichkeitsgetue auf-
stecken. Vielleicht ist da die neuerdings
betonte, aufs Sachliche gerichtete Energie der
Kunstgewerbeschulen heilsam. — Die Frage
nach der Zukunft unseres Plakat-
wesens ist eine
Frage des künst-
lerischen Idealis-
mus. Das Buchge-
werbe erhielt solch
kräftigen Impuls durch
William Morris, der
unbeirrt, ungehemmt
seinem kühnen Ziel
zustrebte. Die de-
korative Graphik
bedarf eines sol-
chen Morris, der
großen Sinnes das
Opfer brächte. w.

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