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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Ostini, Fritz von: Der Prachtbau der Henkell'schen Sekt-Kellereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0345

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FRITZ HEHN MÜNCHEN.

Majolika-Relief.

DER PRACHTBAU DER HENKELL'SCHEN SEKT-KELLEREIEN.

VON FRITZ VON OSTINI -MÜNCHEN.

Industrielle Großbetriebe haben ihre eigene
Schönheit. Eine, die darin vielfach der Schön-
heit der Natur verwandt ist, daß sie der Aus-
druck einer großen Gesetzmäßigkeit ist, daß sie
die Konzentration ungeheurer Kräfte fühlbar
werden läßt. Diese neue Schönheit des eiser-
nen Zeitalters hat einen Menzel zu seinem
Bilde begeistert, ein Constantin Meunier hat
ihr sein Leben geweiht, ein Frank Brangwyn
ihr die imposante Kunst seines Griffels gewid-
met, abgesehen von tausend Andern, die sich
darin versuchen, eines der gewaltigen Bilder
menschlicher Arbeit in einer künstlerischen
Schöpfung festzuhalten. Jeden von uns packt
die malerische Großartigkeit moderner Indu-
strie-Anlagen, wenn er etwa auf der Eisenbahn
durch rheinische Fabrikstädte jagt, oder an den
Schlotwäldern des sächsischen Vogtlandes, an
den rauchdunklen Werkstätten der Bergstadt
Freiberg vorbei, wenn er einen Hochofen, eine
Eisengießerei, eine Kruppsche Schmiedehalle,
oder auch meinetwegen eine Münchner Groß-
brauerei besucht. Das alles imponiert nicht nur
als eine ungeheure Summe von Geist, Willen
und Kraft, es ergreift auch durch seine Schön-

heit, durch Massen, Kontraste, großartige und
einfache Farben und pittoreske Formen.

Die Schönheiten solcher großen Anlagen
durch eine künstlerische Ausgestaltung der Ge-
bäude noch in weitgehendem Maße zu heben,
wird selten möglich sein. Für das ganze Bild
ist es ziemlich gleichgültig, ob etwa die Stirn-
wände der großen Betriebshallen ein bischen
mehr oder weniger architektonisch entwickelt,
ob die riesenhaften Schlotsäulen ein wenig pro-
filiert und polychromiert sind. Bestimmt wird
das Bild ja doch durch die Massen, durch die
düsteren Rauchwolken, durch die roten Flam-
men, die aus den Werkstattfenstern heraus-
leuchten , malerisch wird es gerade durch die
intensive Raumausnützung, durch das Zusam-
mendrängen von Bauten und Vorrichtungen
ohne jede Rücksicht auf ästhetische Regeln.
Diese Art von Großindustrie wird den Schön-
heitsbegriffen des Baukünstlers niemals weit
entgegenkommen können. Wo Glut und Rauch
und Steinkohlenruß den Eindruck bestimmen,
kann Jener höchstens ein wenig nachhelfen,
dankbare Aufgaben wird er nicht finden.

Aber es gibt auch Betriebe ohne Rauch und

1910. XII. 1.

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