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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Breuer, Robert: Ein Meister der Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0054

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Ein Meister der Dekoration.

ARCHITEKT GUSTAV GOERKK BERLIN.

SPEISEZIMMER IN ZITRONEN HOLZ, TUJA-IN TARSIEN. »BÜFETTSCHRANK«

waren sie nie auch nur annähernd entartet in
dem Grade der jungen, schnellgewachsenen
und brutal auf sich selber pochenden Metro-
polen; so konnten Dresden und München, Göt-
tingen und Heidelberg, vor allem Darmstadt,
weit natürlicher und beinahe mühelos die
Kultur des neuen Stiles sich zu eigen ma-
chen. Wählend Berlin noch lange abseits
blieb. Der Professor, der Freund der schönen
Weisheit, der Pfarrer, die Lehrer des Gym-
nasiums und auch die der Volksschulen waren
besser vorbereitet und dem neuen Stil schnel-
ler zu gewinnen als der Bankier, der Börsen-
makler und der Konfektionär. Die Sehnsucht
der Intellektuellen und aller Freunde des
Guten und Anmutigen war längst suchen ge-
gangen, für den Jammer der historischen Irr-
gänge einen Ersatz zu finden; diese Sehnsucht
hatte den neuen Stil rufen und konzentrieren
helfen. Die geldschweren Leute der Großstadt
halten nie das Bedürfnis, von dem Prunk der
Pseudorenaissance und des Talmibarocks be-

freit zu werden; sie fühlten sich wohl zwischen
ihrem angeblichen Louis XIV. Sie hatten den
neuen Stil nicht gerufen und so nahmen sie ihn
auch nicht auf, als er an ihre Flügeltüren und
an ihre stolzen Herzen pochte. Es ist gar gut
zu erklären, daß Berlin kein Spezifikum für
die frühe Periode, die logische, strenge, mora-
lisch-philosophische, des neuen Stils hervor-
brachte. Gibt es doch heute noch kein eigent-
liches Berlinisches Möbel; es sei denn, daß
man die Art des Gustav Goerke so empfin-
den und erklären will. Dazu hätte man aller-
dings mancherlei Ursache. Ja, man kann viel-
leicht geradezu sagen, daß Goerke einer von
jenen notwendigen Vermittlern war, die spröde
Frühform des modernen Möbels dem Berliner
annehmbarer, sozusagen mundgerecht zu machen-
Es ist immerhin begreiflich, daß Menschen
mit viel Geld es gern haben, andere diesen
Reichtum sehen zu lassen. Vielleicht könnte man
sogar den Wohlhabenden eine Verpflichtung
zum Luxus konstruieren und auferlegen. Wenn

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