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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0086

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Kleine Kunst-Nachrichten.

sionsausstellungen und dann in Köln auffiel, scheint
sich nicht zu entwickeln. Seine dekorativen Aqua-
relle und Pastelle verraten Abhängigkeiten (z. B.
von Hodler) und auch bereits zeichnerische Manier.
Endlich ist ein sehr begabter Leipziger Graphiker,
O. R. Bossert, zu erwähnen, der eine große
Kollektion von Lithographien, Radierungen, Hand-
zeichnungen ausstellte. Er ist noch nicht ganz selb-
ständig, und weiß noch nicht, wohin. Manchmal
zeichnet er Landstrafjen wie ein Liebermannschüler,
und erinnert dann an den jungen Berliner Waldemar
Rösler. Wenn aber der Akt in seinem Oeuvre er-
scheint, dann ist er in jener fatalen festen und
akademischen Art gezeichnet, die hier in Leipzig
das Kennzeichen der Kolbschule bildet. — Der
Kunstverein vermittelte im Januar die Bekannt-
schaft u. a. mit dem tüchtigen Berliner Tierplastiker
Walt her Hauschild, offenbar einem Schüler Gauls.
— Die Februarausstellung brachte dann eine grofje
Kollektion neuerer Gemälde Hugo Vogels, e. b.
Ä

DER PLAKATWETTBEWERB DES DEUT-
SCHEN WERKBUNDES. Unter seinen Mit-
gliedern hatte der „Werkbund" einen Wettbewerb
ausgeschrieben zur Erlangung eines Plakates für
die Werkbund-Ausstellung, die 1914 in Köln ver-
anstaltet wird. Ein Teil der eingegangenen Ent-
würfe dieses Wettbewerbes ist im Kunstgewerbe-
Museum in Köln ausgestellt.

Das Ergebnis der künstlerischen Leistung ist
unbefriedigend. Daß kein Entwurf vorhanden ist,
der auch nur entfernt zur Ausführung empfohlen
werden könnte, wäre an sich nicht verhängnisvoll.
Dafj aber das Gesamtbild der Entwürfe den Ein-
druck der Formerstarrung und Gedankenarmut, ja
selbst der Geschmacklosigkeit macht, dafj nirgends
auch nur ein Ansarj zu einer schöpferischen, eigen-
willig künstlerischen Gestaltung zu bemerken ist,
erklärt sich allein aus vollständigem Befangensein
in der heute üblichen Formensprache.

Einzelne Plakate in der Richtung, die Gipkens,
Klinger und Bernhard zu einem, kaufmänni-
schen Zwecken entsprechenden, reizvollen Stil durch-
gebildet haben, sind in Flächengliederung wie
Farbgebung gut; inhaltlich aber von erschreckender
Dürftigkeit. Wohl keines, das mit überzeugender
Kraft durch sinnlich reizvolle Formen auf das Wesen
der beabsichtigten Ausstellung hinwiese. Da findet
sich ein doppelarmiger Leuchter mit flammenden
Kerzen, ein beflügelter Fufj, ein Kopf mit Flügeln,
weiterhin Stammbäume oder drei Ringe, durch die
auf die drei Abteilungen der Ausstellung: Architektur,
Kunstgewerbe und Industrie durch Schrift oder Sinn-
bilder hingewiesen werden soll. In allen diesen auf
straffe Gliederung und Teilung der Fläche aufge-
bauten Entwürfen, die in der Beschränkung auf die
notwendigsten Formenmerkmale sich nur durch

Rücksichten auf knappe Klarheit leiten lassen, sind
wenigstens die Wirkungsmöglichkeiten des neuen
Plakatstiles zweckmäßig verwertet; doch findet sich
nicht ein einziger eigenartiger oder gar neuer Form-
gedanke von ursprünglicher künstlerischer Kraft.
Daneben finden sich Schriftplakate oder Plakate
mit Motiven wie dem Kölner Dom, dem Stadtbild
mit Adlern, Pferden, Männer- und Frauengestalten
in charakterlosen Durchschnittsformen.

Dafj von den eingesandten Arbeiten keine zur
Ausführung kommen soll, scheint aus der Preis-
verteilung hervorzugehn. Denn die Gesamtsumme
des I., II. und III. Preises wurde gleichmäßig ver-
teilt. An Preisen standen 3700 M zur Verfügung,
sodafj der mögliche Einwand, es hätten sich die
besten Künstler wegen zu geringer Preise nicht
beteiligen können, nicht gemacht werden kann. Da
der „Werkbund" das Preisausschreiben nur auf
seine Mitglieder beschränkte, muß er sich auch mit
dem Ergebnis abfinden.

Immerhin: wenn daraus für die Ausstellung eine
Lehre gezogen würde, so hätte dieser Wettbewerb
doch seinen Wert. Denn es hat sich erwiesen, dafj
auf diesem eng begrenzten Gebiet der Werkbund
nicht die gewünschte Ursprünglichkeit schöpferischer
Formgestaltung hat aufbringen können. Der all-
zustraff gespannte Gedanke der Stoffgerechtigkeit
und Zweckmäßigkeit kann, wie sich hier gezeigt,
zu einer Verknöcherung und Formarmut führen.
Daher wäre es sicherlich erwägenswert, ob zur
Ausstellung nicht die jungen künstlerischen Kräfte
hinzugezogen werden könnten, die nicht so sehr
auf die berechenbar geometrisch abstrakte Form-
welt kunstgewerblicher Art eingestellt sind, son-
dern die auch im Kunstgewerbe die Möglichkeit
einer ursprünglich schöpferischen Formgestaltung
erkennen, die der gestaltenden Tätigkeit der Phan-
tasie Rechnung tragen. g. e. lüthgen.

Ä

F'FRANKFURT. Die fortschrittliche Künstlerschaft
in und um Frankfurt am Main beginnt endlich
bewußt und energisch, in die laue Atmosphäre des
Frankfurter Kunstlebens einige Bewegung zu
bringen. Sie hat sich, vom „Verein Frankfurter
Kunstfreunde", also von Gönnern und Gesinnungs-
genossen unterstürjt, in einem prächtigen alten
Patrizierhause am Römerberg einen Sammelpunkt
geschaffen und das neue Heim durch zwei von Kunst
und Laune belebte Feste rasch so Laien wie Künst-
lern vertraut gemacht, sie hat gleichzeitig auch durch
ihre „Frühjahrs-Ausstellung Frankfurter Künstler"
im Kunstverein Zeugnis abgelegt von dem Geiste
ernst vorwärtsstrebender Arbeit, der ihre Mit-
glieder beseelt. — Das allgemeine Niveau dieser
Ausstellung hält sich auf erfreulicher Höhe, wenn
man auch oftgesehenen Dingen oder Mit- und Nach-
machern allerjüngster Richtung begegnet. w.

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