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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Breuer, Robert: Oskar Kaufmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0123

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ARCHITEKT OSKAR KAUFMANN - BERLIN.

STADTTHEATER BREMERHAVEN MIT MUSEUM.

OSKAR KAUFMANN-BERLIN.

VON ROBERT BREUER.

Seit einigen Jahren gehört Oskar Kaufmann
zu den wenigen Architekten, die sich er-
folgreich um das Problem des Theaterbaus
mühen. Drei Arbeiten, das Hebbeltheater in
Berlin, das Stadttheater in Bremerhaven und
das Berliner Kinohaus „ Cines ", hat er uns bisher
gegeben; sie lassen deutlich und mit schöner
Steigerung erkennen: welche Absichten dieser
enthusiasmierte Freund einer neuen Monumen-
talität anstrebt. Er will das Pathetische, soweit
solche Erregung der Leidenschaften für die
Skepsis des zwanzigsten Jahrhunderts möglich
ist, er will es darum kokett variiert und in
Grazie sich lösend. Er will das ernsthaft Fest-
liche, soweit die Munterkeit der Musen solche
Würde nicht lächelnd schürzt, er will es darum
sinnlich erregt und ganz in Musik sich wandelnd.
Er will zugleich einen Tempel und ein Tanzhaus,
eine Stätte der Seele und ein Paradies mondäner
Konversation, zugleich das Sakrale und das
Boudoir. Er will ein Haus, in dem neben Schiller
auch Wedekind und neben den Gespenstern
auch Anatol gegeben werden können.

Mehr als manche andere Bauaufgabe ist die
Planung eines Theaters abhängig von Faktoren,
die mit dem Künstlerischen in der Architektur
nichts zu tun haben. Es gilt, eine beschwerliche
Menge technischer Notwendigkeiten und un-
nachgiebiger Polizeivorschriften zu umsteuern;
man muß die des vorhandenen Raumes meist
spottende, von der Rentabilität aber geforderte
Ziffer der Sitzplätze erreichen; man hat stets ein
Doppelhaus, ein Ineinandergreifen von Bühnen-
und Zuschauerhaus zu disponieren und hat da-
bei die Schwierigkeiten der Verbindungen und
Gelenke so zu lösen, daß für das optische Auge
die Einheit der Baumasse zwingend ist. Dieses
freilich, diese Durchdringung zweier Körper,
steigert andererseits, dem System des Längs-
und Querschiffes verwandt, die Möglichkeiten
der Modellierung, der Achsenverschiebungen
und des Massenaufbaues. Eine Steigerung, die
es gerade bedingt, daß phantasiereiche und
abenteuerlustige Künstler sich dem Theaterbau
zuwenden. Wofür Sehring ein zwar unglück-
liches, aber typisches Beispiel ist. Neben diesen

1913. VIII. 3.

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