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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Georgi, Walter: Zeitlose Kunst-Moderne Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0142

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Zeitlose Kunst — Moderne Kunst.

ARCH. OSKAR KAUFMANN U. PROF. FRANZ METZNER-BERLIN. EINGANG DES KINOTHEATERS AM NOLLENDORFER PLATZ.

der Streitenden eine Schwester der Mode ge-
worden, obwohl sie innerlich ihre Verwandt-
schaft mit dieser unbeständigen Schöpfung der
Laune verleugnet, ebenso wie sie dagegen pro-
testiert, mit dem Stil der letzten schöpferischen
Epoche ausschließlich identifiziert zu werden.
Ihr Inhalt geht über den Rahmen gegenwärtiger
Produktion hinaus und hat nicht minder seine
Wurzeln in der Vergangenheit wie in der Ge-
genwart. Er ist weder ein Spiel des Zufalls,
noch ein schwächliches Produkt der Laune, er
ist das Leben in seiner ureigensten Gestalt,
das Leben, das uns alle Generationen bis zu
dieser Stunde im künstlerischen Schauen ent-
deckten und durch die Gestaltung für alle Zeiten
bewahrten. Im Kampf der Leidenschaften um
die moderne Kunst ist das innerste Wesen
hinter die äußere Form getreten, sodaß die
Kardinalforderungen der Kunst, in abgeklärter
Erkenntnis die überwältigende Sprache des
Urgesetzmäßigen zu führen, fast in Vergessen-
heit geriet. Dieser Kampf um veraltete oder

neuerwachseneAusdrucksmöglichkeiten berührt
nur ein rein äußerliches Gebiet der Kunst, oft
ist er auch nur Folge eines veränderten Ge-
schmacks. Zu bedauern aber bleibt, daß er den
Blick abzulenken imstande ist und das Niveau
des künstlerischen Schaffens mit den Strö-
mungen der Mode auf die gleiche Stufe stellt.

Man begegnet nicht selten der Ansicht, daß
ein begeistertes Genießen durch innere Hingabe
an ein Kunstwerk der Vergangenheit gleich-
zeitig neben einer Anerkennung der gegen-
wärtigen künstlerischen Produktion unmöglich
und das Bekenntnis des befriedigenden Genusses
anscheinend sich widerstrebender künstlerischer
Gaben zum mindesten im höchsten Grade
paradox sei. Wer eine solche Behauptung auf-
zustellen und zu verfechten wagt, ist blind an
dem Wesen der Kunst vorübergegangen, die in
der Vergangenheit nach dem gleichen Ziele rang,
nach dem sie noch in der Gegenwart ringt. Es
gibt nur ein künstlerisches Ziel, wenn man von
Nebensächlichem absieht, nur e i n künst-

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