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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Michel, Wilhelm: Neue Wohnhausbauten von Emanuel v. Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0200

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Wohnhausbauten von Emanuel v. Seid/.

PROFESSOR EMANUEL V. SEI DL - MÜNCHEN.

LANDHAUS IN HOLZKIRCHEN. NEBENGEBAUDE.

Wiederholung bestimmter Fassaden-Motive
(Erker, Türen, Terrasse etc.) hält sich sein
Schaffen frei. Die Sonne, die schönen Aus-
blicke helfen die Grundrisse gestalten, geben
dem Aufriß sein charaktervolles Gepräge. Eine
Lust zu lebhafter Charakteristik beherrscht sein
ganzes Formen. Jeder Baubestandteil erfährt
seine besondere, liebevolle Behandlung, die
sich freilich niemals ins Schrullenhafte verliert.
Eine Anfahrt, ein Treppenhausturm, ein Portal,
sie werden sauber und mit Sorgfalt durchge-
arbeitet, sie erleben eine schöne Individualisie-
rung und zeigen ihren Willen, ihre Pflichten,
ihre Funktionen.

Dies ist nirgends mit billigen Mitteln erreicht.
Am inneren Erfassen liegts, am Sinn fürs Or-
ganische, am künstlerisch feinen und vornehmen
Geist. Selbst des Sehens ungewohnte Betrach-
ter werden von der sprechenden Silhouette
Seidischer Bauten angezogen. Das kleine Tee-
haus! (Märzheft 1913.) Wie ist es liebenswürdig
und faßlich in seiner Gesamtform, ausdrucksvoll
in seinem Umriß! Das prägt sich leicht ein, das
zieht an und nimmt gefangen. Oder das Haus
Schmidt-Gerstungin Holzkirchen (S. 185—191);
fest und charakteristisch, mit großer Selbstän-

digkeit ist es in die Landschaft gestellt und zeigt
sein Eigenleben klar und schön in seinem mar-
kanten Umriß. Ganz hervorragend und von
großer Pikanterie ist die Silhouettenwirkung des
„kleinen Hauses" Dr. Wolf. Die Abbildungen,
die wir geben, haben glücklicherweise sehr viel
von diesem Reiz bewahrt.

Organisch ist das Wert, dessen man zur
Kennzeichnung der Wirkung Seidischer Bauten
immer wieder bedarf. Man hat dem Worte zu
verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutung
beigelegt. Hier soll es bezeichnen den Sinn
für Zusammenklang und gute Motivierung, den
Mangel schroffer Übergänge, die Gabe guter
Charakteristik der Teile wie eines lebensvollen
Inbeziehungsetzens der Teile untereinander
zum Ganzen.

Gerade die heute hier vereinigten Bauten
geben einen sehr guten und zureichenden Be-
griff von Seidischer Eigenart, von seiner Fähig-
keit, ganz verschiedene Stimmungen kräftig
herauszuarbeiten und auszuprägen. Hier eine
heitere, lächelnde Idylle, dort Repräsentation
und gelassene Behaglichkeit, hier ein launiges,
pikantes Bonmot, dort Bürgersinn und ehren-
feste Wohnstimmung. Das Subjekt des Künst-

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