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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Schaefer, Karl: Kaiserlich Deutsche Botschaft in St. Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0276

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Kaiserl. Deutsche Botschajt in St. Petersburg.

ARCHITEKT PROFESSOR PETER BEHRENS.

DEUTSCHE BOTSCHAFT IN ST. PETERSBURG.

mit seiner alten Ausstattung gibt von selbst den
Ton, dessen die amtliche Vertretung von Politik
und Kultur im Auslande als Hintergrund bedarf.
Aber selbst den schönsten und würdigsten da-
runter fehlt das charakteristische Gepräge des-
sen, was sie unserer Meinung nach auch sind
oder sein sollten, ein Ausdruck deutscher Art
im fremden Lande. Glückliche Umstände haben
es gefügt, daß Künstler und Bauherr, das aus-
wärtige Amt, der als Sammler und Kunstkenner
bekannte derzeitige Botschafter Graf Pourtales
und Peter Behrens sich in der Absicht zusammen-
fanden, dem Petersburger Botschaftsgebäude in
seiner äußeren Erscheinung wie in seinem inne-
ren Wesen mit aller Überlegung dieses Gepräge
eines nationalen Werkes aus einem Gusse zu
geben, eines Baues, der im Ausland Zeugnis
davon ablegt, daß wir in Deutschland eine ach-
tunggebietende eigene Kultur uns geschaffen
haben, die des Stils der französischen Könige
nicht mehr als Festkleid bedarf. Und es ist nicht
weiter erstaunlich, daß man in Petersburg, dessen
architektonisches Gesicht ganz abgelegtes Pa-
risertum von zweifelhafter Qualität ist, über

das fremde Gebaren dieses neuen Palastes
am Platze der Isaakskathedrale betroffen ist.
Das alte Botschaftsgebäude, auf dessen Bau-
grund das neue errichtet werden mußte, war
ein ziemlich wertloser, meist einstöckiger Bau
mit einer ausgesprochenen Hauptfront nach
dem Platz der Kathedrale und zwei in unge-
schickter spitzwinkliger Führung daranstoßen-
den Flügeln, die den Hof umschließen. So
mußte sich auch das neue wieder gruppieren.
Drei Bauteile in spitzem Winkel ineinander-
geschoben ergeben den gesamten Gebäude-
körper und zwingen zur Ausbildung einer
Hauptfassade. An dieser bildete Behrens die
aus Rücksicht auf das Klima an sich notwendige
große Stärke der Außenmauern zu einer maje-
stätischen Wucht von persönlichster Formen-
sprache aus, die einen unvergeßlichen Eindruck
macht: Eintönig wiederholte mächtige Säulen
vom Fußboden bis zur Höhe des Dachgesimses
durchgehend legen sich vor die Fensterpfeiler
und geben in der ausgesucht wertvollen Mate-
rialwirkung des rotgrauen finnländischen Granits
einen ernsten Rhythmus von der feierlich

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