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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Breuer, Robert: VI. Jahres-Versammlung des Deutschen Werkbundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0324

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Kleine Kunst-Nachrichte?i.

gewisse Hilfsgelder zur Verfügung haben müßte.
Auch das zweite, etwa noch zu erwähnende Referat,
das der Handelskammersyndikus Dr. D i e t r i c h aus
Plauen hielt, beschäftigte sich im wesentlichen mit
den Umsarjmöglichkeiten der schönen Qualitätsware.
Dietrich verheimlichte uns nicht, daß andere Völker
oft genug ihre Chancen besser zu nutzen wissen
als wir, selbst aus fremdem Kapital holen sie sich
Vorteile. So haben Poiret und die französische
Mode den eigentlichen Ertrag des sogenannten
deutschen Reformkleides davongetragen, und das
von Rechts wegen. Von den übrigen Sprechern
war der Leipziger Stadtrat Hoff mann interessant
durch den Materialismus, mit dem er die architek-
tonische Entwicklung des Stadtplanes von Leipzig
darlegte. Erl wein, der Dresdner Stadtbaurat,
belustigte durch einige pikante Zwischenbemer-
kungen: er meinte zum Exempel, dag den Architek-
ten viel zu viel Zeit durch Ratsitjungen und Kom-
missionen gestohlen würde. Das alles war ganz
recht und gut, konnte aber doch nicht aufkommen
gegen die Ankündigungen, die Rehorst für Köln
1914 machte. Alle unsere Wünsche und Hoffnungen
sind am Ufer des Rheins. Der DWB. kennt heute und
morgen nur ein Ziel:
nahe der französischen
Grenze sich und der
deutschen Arbeit ein
unvergängliches Denk-
mal zu setzen. br.

£

CEZESS10NSKR1SE.
^ Die Berliner Sezes-
sion hat eine schwere
Krisis erlitten; es ist
gegenwärtig noch nicht
zu sagen, wie der An-
fall ausgehen wird.
Der Konflikt, der seit
längerer Zeit sich
schürzte, wurde akut,
als die diesjährige
Jury einige Bilder von
Mitgliedern, die sonst
regelmäßig ausstellten,
zurückwies. Unter die-
sen Refüsierten fanden
sich Leute, die früher
gegen die Präsident-
schaft des Herrn C a s -
sirer gestimmt hat-
ten. Es lag nahe, daß
diese Cassirergegner
in der Abweisung einen
Racheakt des Kunst-
händlers witterten. Das
taten sie denn auch

BILDHAUER WILH. FEH RLE - PARTS. »ZEICHNUNG«

prompt, und daraus ist das ganze Unglück gewachsen.
Zu den Zurückgewiesenen gehören: Bischoff-Culm,
Ernst und Alexander Oppler, Struck, Linde-Walther
und etliche andere. Ist es notwendig, die Abweisung
dieser Künstler aus kleinlicher Ranküne eines an der
Jury Unbeteiligten zu erklären; oder könnte man
sich nicht vorstellen, daß Slevogt, der die Jury führte,
planmäßig darauf ausging: alle zweiten und dritten
Qualitäten nach Möglichkeit auszumerzen, um dafür
den herandrängenden Jungen und Jüngsten Raum
zu schaffen. Bei einigem guten Willen fällt es nicht
schwer, solch programmatisches Vorgehen einer
weitblickenden, zwar grausamen, aber gerade darum
der Kunst doppelt gerecht werdenden Jury als die
allein mögliche Erklärung jenes Unbills gegen Ein-
zelne anzunehmen. Slevogt kann sich nicht gut zu
Cassirers Sklaven erniedrigt haben; wer so etwas
annimmt, überschätzt denn doch außerordentlich die
Persönlichkeit Cassirers. Gewiß, dieser Kunsthändler
ist nebenbei ein sehr begabter, feinfühliger Kunst-
freund, aber er ist doch kein Hypnotiseur; und es
ist lächerlich, zu glauben, daß die gesamte
Jury, und außerdem noch ein guter Teil der Kritik
sozusagen der Rattenflöte des Händlers folgte. Max

Liebermann, Bar-
lach, Beckmann
und mit diesen die
Besten der deutschen
Maler haben sich für
Slevogt und Cassirer
erklärt, und auch wir,
die vorurteilsfrei die
diesjährige Sezessions-
ausstellung mit den

„Zurückgewiesenen"
verglichen, konnten nur
feststellen, daß Gerech-
tigkeit geübt worden
ist. Eins freilich wäre
anzumerken: es wer-
den den diesmal Zu-
rückgewiesenen noch
so manche folgen müs-
sen, um die künftige
Sezession, oder wie
diese Vereinigung
sonst heißen wird,
von dem Ballast, wie
er sich im Laufe der
Jahre ansammelte,
völlig zu befreien.
Nur kein falsches Mit-
leid, wenn es gilt, die
höchsten Werte des
menschlichen Könnens
rein zu halten. — —

ROBERT BREUER - BERLIN.

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