Neue Ziele und Wünsche für die deutsche Architektur.
ENTWURF:
BECKER-
TEMPELBURG.
KAPELLEN-
FENSTER.
AUSFÜHRUNG:
GLASMALEREI
HEINERSDORFF
BERLIN.
nicht jenes Publikum entschiede, das da weiß:
„es geht hier zu einem Roßstall und Milchdepot
und nicht zu Sektkellereien; der Baumeister
wird uns, wenn wirs bestellen, einen schmuck-
vollen Gartenaufgang entwerfen können."
Zum zweiten — warum diese ärgerliche Ängst-
lichkeit, daß ein neues Haus auch neu aussehen
könnte? Warum dies Dachdecken mit alten
Ziegeln, und Mauerstreichen mit Patinafarben?
Ist es denn nicht ein Fest, wenn ein neues Haus
gebaut wird? Denken wir des neuschöpferischen
Freimuts unsrer Musiker, unsrer Maler und
unsrer Literaten! Es sollte ab und zu solch
ein neues Haus in Farben prangen, wie vom
Himmel gefallen, und sagen dürfen: „ich bin
stärker, als dies ganze Nest". Muß unsre Hei-
38Q
len auch nicht strikte behaupten, sondern nur
der neusten Entwicklung der deutschen Archi-
tektur mit ein paar Randbemerkungen folgen.
Es wird, scheint uns zum ersten, in deutschen
Landen zu feierlich und zu korrekt gebaut. An
eine Mietskasernenfront verschwendet man ein
Können und einen Ernst, die einer bessern
Sache würdig wären. Es ist kein rechtes Ver-
hältnis zwischen Mittel und Zweck; es ist, als
wollte man zu Wachtaufzügen Symphonien
spielen. Wo bleibt die geistige Überlegenheit
des Architekten? An diese Toreinfahrt der ver-
einigten Molkereien geht er mit einem Eifer und
einer Geste, als hätte er nur noch dies eine
Jähr zu leben, und als hätte profane Nüchtern-
heit keinen Platz mehr am rechten Ort. Als ob
ENTWURF:
BECKER-
TEMPELBURG.
KAPELLEN-
FENSTER.
AUSFÜHRUNG:
GLASMALEREI
HEINERSDORFF
BERLIN.
nicht jenes Publikum entschiede, das da weiß:
„es geht hier zu einem Roßstall und Milchdepot
und nicht zu Sektkellereien; der Baumeister
wird uns, wenn wirs bestellen, einen schmuck-
vollen Gartenaufgang entwerfen können."
Zum zweiten — warum diese ärgerliche Ängst-
lichkeit, daß ein neues Haus auch neu aussehen
könnte? Warum dies Dachdecken mit alten
Ziegeln, und Mauerstreichen mit Patinafarben?
Ist es denn nicht ein Fest, wenn ein neues Haus
gebaut wird? Denken wir des neuschöpferischen
Freimuts unsrer Musiker, unsrer Maler und
unsrer Literaten! Es sollte ab und zu solch
ein neues Haus in Farben prangen, wie vom
Himmel gefallen, und sagen dürfen: „ich bin
stärker, als dies ganze Nest". Muß unsre Hei-
38Q
len auch nicht strikte behaupten, sondern nur
der neusten Entwicklung der deutschen Archi-
tektur mit ein paar Randbemerkungen folgen.
Es wird, scheint uns zum ersten, in deutschen
Landen zu feierlich und zu korrekt gebaut. An
eine Mietskasernenfront verschwendet man ein
Können und einen Ernst, die einer bessern
Sache würdig wären. Es ist kein rechtes Ver-
hältnis zwischen Mittel und Zweck; es ist, als
wollte man zu Wachtaufzügen Symphonien
spielen. Wo bleibt die geistige Überlegenheit
des Architekten? An diese Toreinfahrt der ver-
einigten Molkereien geht er mit einem Eifer und
einer Geste, als hätte er nur noch dies eine
Jähr zu leben, und als hätte profane Nüchtern-
heit keinen Platz mehr am rechten Ort. Als ob