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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Grolman, E. von: Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0410

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Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung Wiesbaden.

einem der zentralsten Probleme seiner Malerei
gemacht hat, und auch die Ausstellung bot hier-
für bezeichnende Beispiele: zunächst in der
zweifigurigen „Empfindung", wo der Gegensatz
zwischen einer herb zurückhaltenden und einer
weich hingebenden Frauennatur in Linienfluß
und Körperhaltung bis ins letzte herausge-
arbeitet ist, dann, in dem gewaltigen Wandbild
für den Hannoverschen Rathaussaal, dessen
überwältigende Wirkung freilich aus dem allein
hier gezeigten Mittelstück, dem zum Schwur
auffordenden, auf erhöhter Schwelle (über einer
die Wand durchbrechenden Tür) stehenden
Volksredner, nicht zu entnehmen war, da sie
auf der hundertfachen Wiederholung dieser
Schwurgeste durch die Schar der rechts und
links vom Redner sich anreihenden, die ganze
Hauptwand des Saales füllenden Volksgenossen
beruht; aber die unerhörte Kraft und Wucht,
die diese Rednergestalt ausströmt, stellt das
Werk unmittelbar neben den Teil. Angemerkt
mag hier werden, daß Hodler in dem herben

Rhythmus dieser Landsknechtgestalten zum Teil
auf Urs Graf, seinem großen Vorgänger in der
Renaissancezeit, fußt, was mir eines Tages klar
ward, als ich, vom Studium der Handzeichnungen
dieses aus dem Basler Kupferstichkabinett
kommend, die Hodlerschen Landsknechte im
Treppenhaus des Museums wiedersah.

So scharf umrissen sich die Kunst der Hodler
und Buri präsentiert, so schwer zu fassen ist
die des dritten Großen, der nach jenen für Wert
und Bedeutung der Ausstellung ausschlagebend
war. Ed. Boß, der jetzt 41jährige, zeigt sich
fast in jedem seiner 10 Gemälde von einer
neuen Seite, und dieser Wechsel der äußeren
Physiognomie seiner Werke im Verein mit der
gelegentlich stärkeren Anlehnung an Hodler,
wie z. B. in seinem „Mittagsmahl des Stein-
hauers" (Abb. S. 395), mag Ursache für die
anscheinend schwankende Beurteilung sein, die
dem Künstler widerfuhr, obwohl fast jedes ein-
zelne seiner Werke zu den Höhepunkten der
Ausstellung zählte. Blickt man jedoch genauer

EDUARD BOSS BERN. GEMÄLDE »STEINHAUERS MITTAGSMAHL«

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