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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Grolman, E. von: Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0417

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Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung Wiesbaden.

Schöpfungen modernerLandschaftskunst zählen
und den Vorzug haben, eben durch die Über-
windung alles Problematischen, auch dem
weniger Geübten unmittelbar zugänglich zu
sein. (Abb. S. 396.) Der hier wiedergegebene
„ Akt im Freien", in dem die Farbe zu wahrhaft
überraschender Kraft und Schönheit gesteigert
ist(Abb. S.403), beweist, daß wir noch Weiteres
und Höheres von dem Künstler erwarten dürfen,
und das „Tulpenbeet", obwohl noch in manchem
verfehlt, läßt ganz neue koloristische Entwick-
lungsmöglichkeiten ahnen. Dem Landschafts-
stil Cardinaux nahe steht Walter Koch,
dessen Pappelallee (Abb. S. 404) besonders
schön das Streben der zeitgenössischen Kunst
nach Zusammenfassung und Vereinfachung der
Form zur Erzielung dekorativer Wirkung er-
kennen läßt, die hier schon wie auch zuweilen
bei Cardinaux eine Annäherung an die Wirkung
farbiger Graphik bedingt hat. Auch Brack ver-
folgt mit Glück das gleiche Ziel unter starker
Anlehnung anHodler. Als dessen unmittelbaren
Schüler aber gibt sich Stiefel in seinen
Bildern „Schreiner" und „Babette" von freilich
recht nüchterner Auffassung. Die Skizze „Ruhe"

(Abb. S. 405) dagegen hat in der vornehmen
Einfachheit der Farben und Linienkontraste
fast etwas Monumentales. Beherrschend tritt
die dekorative Tendenz in den schönen Still-
leben Forestiers hervor, die sich leider der
farblosen Wiedergabe ganz entziehen. Der
große Strauß vor grüner Tapete ist nur über-
aus reiche, farbige Flächenfüllung, die von
Körperwirkung nichts mehr wissen will. Der
Verzicht auf Tonwirkung und Luftperspektive
zugunsten der klaren Farbe bedingt ja an sich
schon bis zu gewissem Grade den Wegfall der
Raum-Illusion, aber hier scheint doch, wie auch
in den großen Bildern Buris, die neuentdeckte
Liebe unserer Künstler zur Fläche, die vor kur-
zem nur beim Wandbild als berechtigt galt, bei
der Bildgestaltung mitgesprochen zu haben.

Damit wären im wesentlichen die Träger der
den Gesamteindruck der Ausstellung bestim-
menden Richtung, an die man bei dem Worte
„Schweizer Schule" denkt, genannt. Leider
mußte dieAusstellung auf einige wichtigeNamen,
wie Württemberger, Bieler etc. verzichten. Unter
den im ganzen noch dem Impressionismus fol-
genden fällt der Züricher Sturzenegger durch

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