Haus Herzberg in Essen an der Ruhr.
PROFESSOR EDMUND KÖRNER— DARMSTADT. HAUS HERZBERG—ESSEN-RUHR. »EINGANG«
Essen. Seine grandiose Synagoge, der aus-
drucksvollste Akzent im Stadtbild, geht ihrer
Vollendung entgegen. Das Haus Waldhausen
und Haus Herzberg sind die bezeichnendsten
Beispiele für das Niveau der Essener Wohn-
und Baukultur.
Ich möchte hier von HausHerzberg reden.
Der Bau dürfte für die weitere Bauentwicklung
der Stadt von programmatischer Bedeutung
sein! Es ist ein Backsteinbau. Es ist die
Architektur aus der Bautätigkeit der letzten
zehn Jahre in Essen, die sich am vorteilhaftesten
der heimischen Überlieferung und den klima-
tischen Verhältnissen anzupassen weiß.
Was hilft denn schließlich auch alle Boden-
politik, der beste Bebauungsplan, wenn die
einzelnen Neubauten doch keinen Anschluß an
die heimische Überlieferung, an die klimatischen
Verhältnisse zu gewinnen wissen? Zu Anfang
des Jahrhunderts waren ausschließlich süddeut-
sche Architekten die Träger der städtebaulichen
und baukünstlerischen Bestrebungen in Essen.
Malerisch reizvolle und farbenlustige süddeut-
sche Putzbauten hielten ihren Einzug. Aber
man vergaß vollkommen, daß Essen trotz der
hügeligen und teilweise anmutigen Umgebung
im Süden die Industriemetropole ist, daß das
satte Grün der Landschaft und der blaue Him-
mel Süddeutschlands, die mit den farbenfrohen
Bauten auf dieselbe einheitliche Tonart ge-
stimmt sind, in Essen fehlen. Im Osten, Norden
und Westen der Stadt lebt das Grün unter den
Säuredünsten der Industrie doch nur ein ge-
quältes und bald versiegtes Dasein noch, und
selbst im Südviertel der Stadt, in derHuyssens-
allee, blühen die Bäume spät erst und lassen
frühzeitig ihre bald vergilbten Blätter fallen.
Der Himmel ist bewölkt von Rauch- und Wasser-
gasen. Die Niederschläge bringen sie wieder
nieder, und eine Schmutzkruste bedeckt dann
die einst schmuckvollen Putzbauten.
Das einzige Baumaterial, das den klimatischen
Verhältnissen der Industrie gerecht zu werden
weiß, ist der Backstein. Er kann auch ganz
allein der Träger der heroischen und malerischen
Schönheit der Industrie werden. Die Patina der
Industrie, die Rauch- und Säuredünste, die den
Putzbauten gefährlich werden und ihr Ansehen
untergraben, umgeben liebkosend den ange-
stammtenBacksteinbau, gebenmitzunehmendem
Alter seiner Schönheit einen besonderen Reiz!
Es liegt mir fern, die Verdienste der süd-
deutschen Architekten um die Essener Wohn-
und Baukultur in Abrede zu stellen. Aber ein
wichtiger, letzter Schritt, den sie nicht unter-
nehmen konnten, bestand doch noch in einer
414
PROFESSOR EDMUND KÖRNER— DARMSTADT. HAUS HERZBERG—ESSEN-RUHR. »EINGANG«
Essen. Seine grandiose Synagoge, der aus-
drucksvollste Akzent im Stadtbild, geht ihrer
Vollendung entgegen. Das Haus Waldhausen
und Haus Herzberg sind die bezeichnendsten
Beispiele für das Niveau der Essener Wohn-
und Baukultur.
Ich möchte hier von HausHerzberg reden.
Der Bau dürfte für die weitere Bauentwicklung
der Stadt von programmatischer Bedeutung
sein! Es ist ein Backsteinbau. Es ist die
Architektur aus der Bautätigkeit der letzten
zehn Jahre in Essen, die sich am vorteilhaftesten
der heimischen Überlieferung und den klima-
tischen Verhältnissen anzupassen weiß.
Was hilft denn schließlich auch alle Boden-
politik, der beste Bebauungsplan, wenn die
einzelnen Neubauten doch keinen Anschluß an
die heimische Überlieferung, an die klimatischen
Verhältnisse zu gewinnen wissen? Zu Anfang
des Jahrhunderts waren ausschließlich süddeut-
sche Architekten die Träger der städtebaulichen
und baukünstlerischen Bestrebungen in Essen.
Malerisch reizvolle und farbenlustige süddeut-
sche Putzbauten hielten ihren Einzug. Aber
man vergaß vollkommen, daß Essen trotz der
hügeligen und teilweise anmutigen Umgebung
im Süden die Industriemetropole ist, daß das
satte Grün der Landschaft und der blaue Him-
mel Süddeutschlands, die mit den farbenfrohen
Bauten auf dieselbe einheitliche Tonart ge-
stimmt sind, in Essen fehlen. Im Osten, Norden
und Westen der Stadt lebt das Grün unter den
Säuredünsten der Industrie doch nur ein ge-
quältes und bald versiegtes Dasein noch, und
selbst im Südviertel der Stadt, in derHuyssens-
allee, blühen die Bäume spät erst und lassen
frühzeitig ihre bald vergilbten Blätter fallen.
Der Himmel ist bewölkt von Rauch- und Wasser-
gasen. Die Niederschläge bringen sie wieder
nieder, und eine Schmutzkruste bedeckt dann
die einst schmuckvollen Putzbauten.
Das einzige Baumaterial, das den klimatischen
Verhältnissen der Industrie gerecht zu werden
weiß, ist der Backstein. Er kann auch ganz
allein der Träger der heroischen und malerischen
Schönheit der Industrie werden. Die Patina der
Industrie, die Rauch- und Säuredünste, die den
Putzbauten gefährlich werden und ihr Ansehen
untergraben, umgeben liebkosend den ange-
stammtenBacksteinbau, gebenmitzunehmendem
Alter seiner Schönheit einen besonderen Reiz!
Es liegt mir fern, die Verdienste der süd-
deutschen Architekten um die Essener Wohn-
und Baukultur in Abrede zu stellen. Aber ein
wichtiger, letzter Schritt, den sie nicht unter-
nehmen konnten, bestand doch noch in einer
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