Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

DOI article:
Braungart, Richard: Von der dekorativen Malerei
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0446

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Von der Dekorativen Malerei.



emil pottner berlin.

gemälde: »truthahn«

stets die doppelte Funktion: einen Altar oder
eine Wand zu schmücken und das religiöse
Empfinden des Beschauers in eine bestimmte
Richtung zu leiten. Ebenso wie etwa ein Fresko
in einem Palastsaal die zweifache Aufgabe hat,
Schmuck und Belebung der Wand zu sein und
den Beschauer, je nach dem Zweck des Raumes,
in eine festliche, heitere oder in eine ernste,
gehobene Stimmung zu versetzen. Wir bewun-
dern selbstverständlich auch an solchen Bildern
die Beherrschung aller technischen Mittel und
freuen uns ihrer malerischen Qualitäten. Ihre
Bedeutung als Kunstwerke aber beurteilen wir
nicht nach dem Werte der Malerei allein, son-
dern doch wohl auch ein wenig nach ihrem Ge-
halt an Ideen und selbstverständlich auch nach
ihrer dekorativen Eignung. — Wir schätzen

eben die produktive Phantasie des Künstlers,
die vollkommen neue, ideale Werte schafft und
sie in einen bedeutungsvollen Gegensatz zur
realen Welt stellt, zum mindesten ebenso hoch
wie seine reproduktiven Fähigkeiten.

Es kann gar nicht zweifelhaft sein — und
Meisterwerke aus allen Zeiten des besten Ge-
schmacks beweisen es —, daß das Festhalten
an der Fläche als solcher eine Grundbedingung
der Wandmalerei und auch jeder dekorativen
Tafelmalerei ist. Daß der konsequente Realis-
mus und selbstverständlich auch der Impressio-
nismus nicht geeignet sind, diese Aufgabe zu
lösen, dürfte ohne weiteres klar sein. Die
Kunstgattung, die allein und in ganz beson-
derem Maße dazu befähigt ist, kann nur die
Stilkunst sein. richard braungart.

43i
 
Annotationen