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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Zimmermann, Ernst: Neue Arbeiten der kgl. Porzellan-Manufaktur in Meissen mit Unterglasur-Kobaltblauer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0082

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Nette Arbeiten der Kgl. Porzellan-Manufaktur in Meißen.

Chinesen so reichlich und mannigfaltig ver-
wandten Farbe den ausgiebigsten Gebrauch zu
machen. Eine Menge origineller und sehr reiz-
voller Muster sind damals im Meißener Porzellan
entstanden, zumeist unter ostasiatischem Ein-
fluß. Was aber dann übrig blieb, ist kaum über
die gleichfalls der ostasiatischen Kunst entlehn-
ten „Zwiebel"- und „Blaublümchenmuster" so-
wie die sogenannten „ deutschen Blumen " hinaus-
gekommen, d. h. über einen mageren Linien-
oder verschwommenen malerischen Stil, der
sich zu keinen höheren Kunstleistungen eignete,
vielmehr allein zur Belebung einfacheren Ge-
brauchsgeschirrs. Diese Beschränkung jedoch
war keineswegs eine ganz freiwillige, erfolgte
vielmehr in erster Li-
nie aus rein techni-
schen Gründen. Da das
europäische Porzellan
in der Regel viel kao-
linhaltiger ist als das
chinesische, darum
auch viel schärfer ge-
brannt werden muß,
so war dementspre-
chend auch die Be-
handlung der mit ihm
zugleich zu brennen-
den Kobaltfarbe weit
schwieriger. Es war
nicht so leicht, wie bei
jenem hier Klarheit
und Tiefe zu erzielen
und darüber hat man
auch in unserer Zeit
trotz verbessertertech-
nischer Mittel so ziem-
lich ganz vergessen,
daß mit dieser Farbe
doch weit bedeuten-
dere künstlerischeWir-
kungen zu erzielen
sind. — Um so erfreu-
licher nun, daß jetzt
die Meißener Manu-
faktur sich bestrebt
hat, diese Farbe noch
einmal energisch vor-
zunehmen und zu hö-
heren künstlerisch de-
korativen Zwecken zu
verwenden. Und sie
hat hierbei gleich eine
ganze Reihe von Ty-
pen und Farbspielar-
ten versucht, die die
Entwicklungsfähigkeit

MEISSEN. »VASE MIT BRAUN UND BLAU UNTERGLASUR«

dieser in dieser Beziehung für uns fast neuen
Farbe nach allen Seiten hin erproben sollen.
Sie ist so, wie die hier abgebildeten ausge-
wählten Proben beweisen dürften, zu ganz reiz-
vollen und wirklich dekorativ wirkenden Er-
zeugnissen gelangt, denen in dieser Beziehung
die bisherige europäische Porzellankunst nur
wenig Gleichwertiges zur Seite zu stellen hat.
Die kobaltblaue Farbe ist hierin wirklich decken-
den Flecken aufgetragen. Die bald flächig stili-
sierte, bald mehr naturalistisch gehaltene Orna-
mentik schmiegt sich, wie es jede gute Orna-
mentik tun soll, nicht immer ganz ohne den
Einfluß des chinesischen Porzellans, den Ge-
fäßformen innig an und erfreut zugleich auch
durch die Mannigfal-
tigkeit ihrer Motive.
Und endlich ist auch
das Blau in erfreu-
lichen Tönen ausge-
fallen , wenn freilich
noch keineswegs in
jenen bisweilen so un-
ergründlich tiefen, zu
denen die besten der-
artig bemalten Porzel-
lane Chinas gelangt
sind. Dafür ist biswei-
len ein warmes Schild-
krotbraun hinzugetre-
ten, das recht gut zu
jenem steht und die
farbige Wirkung be-
deutend erhöht. So
kann man mit diesen
ersten Versuchen gar
wohl zufrieden sein
und hoffen, daß sie,
einem wirklichen Be-
dürfnis entgegenkom-
mend, auch die Beach-
tung finden werden,
die sie verdienen. . . .

PROF. ERNST ZIMMERMANN.
Ä

Der Reiz des Echten,
in jeder Beziehung,
besteht darin, daß es mehr
ist, als seine unmittelbare
Erscheinung, die es mit
dem Falsifikat teilt. So
ist es nicht, wie dieses,
etwas Isoliertes, sondern
es hat Wurzeln in einem
Boden jenseits seiner blo-
ßen Erscheinung, wäh-
rend das Unechte nur das
ist, was man ihm momen-
tan ansieht. . . . S1MMEL.
 
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