DOI Artikel:
Mayer, August Liebmann: Sommer-Ausstellung der Münchener Neuen Secession
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0303
ADOLF SCHINNERKR—MÜNCHEN.
GEMÄLDE »KAHNFAHRT«
SOMMER-AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER NEUEN SECESSION.
Der erste Eindruck, den die diesjährige Aus-
stellung der „ Münchener Neuen Secession "
auf den kritischen Besucher macht, ist nicht ge-
rade günstig zu nennen. Mehr als je fällt das
sehr unterschiedliche Streben, fallen die stark
auseinandergehenden Kunstrichtungen der Mit-
glieder auf, stärker denn je macht sich seit
Weisgerbers Tod das Fehlen eines Führers
bemerkbar, der nicht nur alle zusammenhält
und einem Ziele zuführt, sondern auch ein an-
feuerndes Beispiel ernstester Arbeitsvertiefung
gibt, verbunden mit der allzu berechtigten Scheu
vor dem Ausstellen noch nicht ausgereifter
Arbeiten.
Aber mit der Zeit wird man dieser Aus-
stellung gegenüber milder gestimmt. Das Feh-
len einer ganzen Reihe von Mitgliedern (na-
mentlich von auswärtigen Künstlern) ist durch
die schwierigen Transportverhältnisse zu er-
klären, und gar mancher, der das Glück hat,
in dieser harten Zeit noch immer oder wieder
seiner Kunst leben zu können, ist von der
Furchtbarkeit des äußeren Geschehens rings um
ihn so benommen, daß er in seiner künstleri-
schen Tätigkeit gelähmt ist. Vollends klar aber
wird der ernste Wille wenigstens einer kleinen
Künstlerschar, wenn man sich inzwischen die
Ausstellung der alten Secession angesehen hat.
Dann kehrt man reumütig nach soviel Äußer-
lichkeit und oberflächlicher Dekorationsmalerei
zur Ausstellung der Jungen zurück.
Die Ausstellungsleitung hat sich selbst den
künstlerischen Erfolg ihrer Mitglieder erschwert,
indem sie neben einem Hauptwerk von F. Marc
Bilder von Münch und — mit gewissem Ab-
stand zusammen — ältere Werke Kokoschkas
und Arbeiten des gefallenen Macke dem Be-
sucher neben eigenen Leistungen bietet. Damit
ist ein Maßstab zur Beurteilung der neuen
Werke gegeben, der diesmal den jüngsten Ar-
beiten nicht zugute kommt. Mit den Jahren
wird man überdies gegenüber den Vertretern
XXI. September 1918. 3
GEMÄLDE »KAHNFAHRT«
SOMMER-AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER NEUEN SECESSION.
Der erste Eindruck, den die diesjährige Aus-
stellung der „ Münchener Neuen Secession "
auf den kritischen Besucher macht, ist nicht ge-
rade günstig zu nennen. Mehr als je fällt das
sehr unterschiedliche Streben, fallen die stark
auseinandergehenden Kunstrichtungen der Mit-
glieder auf, stärker denn je macht sich seit
Weisgerbers Tod das Fehlen eines Führers
bemerkbar, der nicht nur alle zusammenhält
und einem Ziele zuführt, sondern auch ein an-
feuerndes Beispiel ernstester Arbeitsvertiefung
gibt, verbunden mit der allzu berechtigten Scheu
vor dem Ausstellen noch nicht ausgereifter
Arbeiten.
Aber mit der Zeit wird man dieser Aus-
stellung gegenüber milder gestimmt. Das Feh-
len einer ganzen Reihe von Mitgliedern (na-
mentlich von auswärtigen Künstlern) ist durch
die schwierigen Transportverhältnisse zu er-
klären, und gar mancher, der das Glück hat,
in dieser harten Zeit noch immer oder wieder
seiner Kunst leben zu können, ist von der
Furchtbarkeit des äußeren Geschehens rings um
ihn so benommen, daß er in seiner künstleri-
schen Tätigkeit gelähmt ist. Vollends klar aber
wird der ernste Wille wenigstens einer kleinen
Künstlerschar, wenn man sich inzwischen die
Ausstellung der alten Secession angesehen hat.
Dann kehrt man reumütig nach soviel Äußer-
lichkeit und oberflächlicher Dekorationsmalerei
zur Ausstellung der Jungen zurück.
Die Ausstellungsleitung hat sich selbst den
künstlerischen Erfolg ihrer Mitglieder erschwert,
indem sie neben einem Hauptwerk von F. Marc
Bilder von Münch und — mit gewissem Ab-
stand zusammen — ältere Werke Kokoschkas
und Arbeiten des gefallenen Macke dem Be-
sucher neben eigenen Leistungen bietet. Damit
ist ein Maßstab zur Beurteilung der neuen
Werke gegeben, der diesmal den jüngsten Ar-
beiten nicht zugute kommt. Mit den Jahren
wird man überdies gegenüber den Vertretern
XXI. September 1918. 3