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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Schweisgut, A.: Bemaltes Porzellan von Emmy Seyfried - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0144

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emmv seyfried münchen.

»porzellan mit färb. malerei«

BEMALTES PORZELLAN VON EMMY SEYFRIED-MÜNCHEN.

Wenn das Bedürfnis nach Entspannung, Er-
holung, Vergnügen und Sensation nach
der Kunst verlangt, so ist dies keine Verwerf-
lichkeit der heutigen Menschheit, sondern als
Zeichen ihrer Kraft und Gesundheit zu begrüßen.
Nur für die Kunst liegt eine Gefahr in dem
gebieterischen, übermächtigen Zugreifen der
Kritiklosen, und ihre Freiheit ist gefährdet, wenn
der Markt, das Geschäft die Hauptrolle spielt.
Strengste Kritik mit mutiger unzweideutiger
Ablehnung des Lauen steuere dem Unheil! Er-
scheinen Werte, große wie kleine, seien sie da-
gegen mit Nachdruck ans Licht gerückt!

Eine Sammlung bemalter Porzellane, die hier
auftaucht, fesselt das Auge des Prüfenden. Eine
Zeitströmung, Mode vielleicht, hat in den letzten
Jahren alte bemalte Porzellane zum Gegenstand
unseres Entzückens gemacht. So sehr diese
Neuen von ihnen verschieden sind — der Reiz
der Technik, die Handhabung der Farbe, der
Strich ist an ihnen geschult und ermöglicht dem
Modernen durch die unendlich feine Abstufung
von Färb- und Tonwerten die Wirkungen der
schönsten Stücke alter Manufakturen.

Durch die teilweise Beibehaltung der Fein-
malerei, verbunden mit stärkerer Betonung des
Dekorativen entstand diese neue Art. Gegeben
ist die Form des Gefäßes, die der Künstler durch

das Ornament nach seiner Auffassung gliedert
und umschafft. So setzt der sichere graziöse
Pinsel Vignetten, Guirlanden und Einzelfiguren
hin, stets die Form des aufragend sanft ge-
schwungenen Gefäßes wahrend, um das sich
schwellende Kränze, flatternde Ranken, trop-
fende Blätter, phantastische Landschaften
schmiegen. Immer ist es der nämliche Ansatz
des Pinsels, das Gleiche im Ausziehen der
Linie, im Hin- und Wiedergleiten der Motive,
und doch in wie erstaunlich wechselndem Reiz
des Ausdrucks!

Auch für die Farbe gilt die restlose Erfüllung
der Pflicht zur Dekoration und zur Formbe-
tonung. Es ist eine spezifische Tönung, die sich
auf dem Schimmer und Schmelz des Porzellans,
auf seinen Lichtern und Linien aufbaut. Die Far-
ben sind um der Zierde willen da, sie schieben
sich ineinander, stufen sich ab und überraschen
in ihrem Streben nach Einheit. Das farbige Orna-
ment gibt dem Gefäß Schwung und Berechtigung
zur Emanzipation, ohne es seinem Dienst als
Vase, Dose oder Schüssel zu entfremden. —
Diese Gefäße werden sich wegen ihrer selbstän-
dig reizvollen, anschmiegenden Gefälligkeit, ge-
füllt mit Blumen und anderen Köstlichkeiten,
in unsere Räume einpassen und uns Liebe und
Freude bringen. . . . a. schweisgut—darmstadt.
 
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