Holzschnitte von Josef Weiß.
oder Rubens in zweiter Gestalt sein wollten.
Dort war nur Nachempfindung und die Seele
war stark, das zeichnerische Können war groß.
Weißens Kompositionen aber zeigen in jeder
Beziehung einen Anderes schöpfenden. Er ist
voll starken Erlebens. Seine religiöse Erfassung
hat nichts memorierendes, es ist Hoffen und
Zuversicht, ist geistige Bestimmtheit. Und wie
wunderbar ist das Räumliche seiner Kompo-
sitionen. Sie türmen sich auf in konzentrischen
Terrassen, voll Raum, voll Belebung; jede Ge-
stalt in allem Verknotetsein, allen gestaltlichen
Knäueln wieder voll Kraft der Form, der Be-
wegung, des Raumes, des Ausdrucks, der Seele.
— Blätter wie die „Schöpfung" — wie sind die
voll von Bildern! Wie versagen hier Begriffe
wie Impressionen und Expressionen. Träume
sind die Bilder, Träume einer Welt voll Qual
und Schönheit, Schrecken, Hoffnung und Ver-
langen. Wenn schon immer das Nachspüren
zeichnerischer Fehler bei schöpferischen Künst-
lern nebensächlich, wenn nicht gar entbehrlich
— bei Weiß kann das Auge all den kleinsten
Gestalten nachgehen, um doch zuletzt nur wie-
der Leben zu sehen, wirkliche Gestalten. —
Wer gab dem Künstler diese Welt? Gewiß
kein Lehrer, kein Vorbild — die furchtbare
Zeit begabte uns mit ihm — und er begabte sich
aus uns rätselhaftem unerschöpflichem Gehalt,
unerschöpflich, weil er jedem andern frei zur
Verfügung stand wie ihm. Weiß ist gerade in
seiner Jugend ein Beispiel mir, wie viel viel
mehr eigene Zucht, eigene Wahl, Sorge und
Lust zur geistigen Bildung den Menschen formt
und schöpferisch befruchtet als unsere höhere
Schulerziehung und Lehre, die nur dem Durch-
schnitte dienen will und dienen kann, darüber
hinaus aber noch immer versagt. — Weiß hat
mehr Tiefstes unserer Größten des Geistes, der
Kunst und der Tat klar in sich aufgenommen
als die Mehrzahl derer, die von hohen Schulen
kommen. Das gilt auch von der Technik des
Schwarzweiß-Künstlers. Er geht als solcher
als Holzschneider und als Drucker bis zu den
letzten Möglichkeiten. Er hat sie erreicht. Es
gibt hier keinen weiteren Weg. Schon die
Nachahmung seiner letzten Holzschnittweise
wäre für andere ein Fehler. Holzschnitte wie
die letzten des Weiß, verlangen zum Druck des
Künstlers sensible Hand.
3. DES KÜNSTLERS WIRKUNG. Die Auf-
nahme, die das Holzschnittwerk des Weiß ge-
funden, ist glücklicher als das gemeinhin bei
Einzelgängern so starker Art der Fall. Im klei-
nen Kreis der Kenner hat er fast ausnahmslos
mehr als volle Anerkennung gefunden. Von
der Wirkung aufs Volk kann freilich noch nicht
die Rede sein. — Seine Spekulation geht darauf
nicht aus. — Dürer wollte einst mit seiner
Apokalypse aufs Volk wirken. Er erreichte das
Aufsehen, den Erfolg, den er wollte. Doch das
Volk wird er kaum sogleich erreicht haben.
Das folgte viel später. Auch bei Weiß wird
dies einst so sein. — Bis dahin aber wird unser
Künstler noch ganz andere Werke geschaffen
haben — aber immer Werke voll starker Form
und tiefem persönlichem Gehalt. Möchte Weiß
das Gebiet bald eröffnet werden von dem er
träumt — für das er bestimmt, für das unsere
Zeit erst reif wird: das Fresko. Möchte er aber
immer treu bleiben, der Kunst, die tiefstes im
schlichtesten zu geben berufen ist: der Gra-
phik, als deren Meister er hervorgetreten aus
altem großen Chor........... k. w. bredt.
oder Rubens in zweiter Gestalt sein wollten.
Dort war nur Nachempfindung und die Seele
war stark, das zeichnerische Können war groß.
Weißens Kompositionen aber zeigen in jeder
Beziehung einen Anderes schöpfenden. Er ist
voll starken Erlebens. Seine religiöse Erfassung
hat nichts memorierendes, es ist Hoffen und
Zuversicht, ist geistige Bestimmtheit. Und wie
wunderbar ist das Räumliche seiner Kompo-
sitionen. Sie türmen sich auf in konzentrischen
Terrassen, voll Raum, voll Belebung; jede Ge-
stalt in allem Verknotetsein, allen gestaltlichen
Knäueln wieder voll Kraft der Form, der Be-
wegung, des Raumes, des Ausdrucks, der Seele.
— Blätter wie die „Schöpfung" — wie sind die
voll von Bildern! Wie versagen hier Begriffe
wie Impressionen und Expressionen. Träume
sind die Bilder, Träume einer Welt voll Qual
und Schönheit, Schrecken, Hoffnung und Ver-
langen. Wenn schon immer das Nachspüren
zeichnerischer Fehler bei schöpferischen Künst-
lern nebensächlich, wenn nicht gar entbehrlich
— bei Weiß kann das Auge all den kleinsten
Gestalten nachgehen, um doch zuletzt nur wie-
der Leben zu sehen, wirkliche Gestalten. —
Wer gab dem Künstler diese Welt? Gewiß
kein Lehrer, kein Vorbild — die furchtbare
Zeit begabte uns mit ihm — und er begabte sich
aus uns rätselhaftem unerschöpflichem Gehalt,
unerschöpflich, weil er jedem andern frei zur
Verfügung stand wie ihm. Weiß ist gerade in
seiner Jugend ein Beispiel mir, wie viel viel
mehr eigene Zucht, eigene Wahl, Sorge und
Lust zur geistigen Bildung den Menschen formt
und schöpferisch befruchtet als unsere höhere
Schulerziehung und Lehre, die nur dem Durch-
schnitte dienen will und dienen kann, darüber
hinaus aber noch immer versagt. — Weiß hat
mehr Tiefstes unserer Größten des Geistes, der
Kunst und der Tat klar in sich aufgenommen
als die Mehrzahl derer, die von hohen Schulen
kommen. Das gilt auch von der Technik des
Schwarzweiß-Künstlers. Er geht als solcher
als Holzschneider und als Drucker bis zu den
letzten Möglichkeiten. Er hat sie erreicht. Es
gibt hier keinen weiteren Weg. Schon die
Nachahmung seiner letzten Holzschnittweise
wäre für andere ein Fehler. Holzschnitte wie
die letzten des Weiß, verlangen zum Druck des
Künstlers sensible Hand.
3. DES KÜNSTLERS WIRKUNG. Die Auf-
nahme, die das Holzschnittwerk des Weiß ge-
funden, ist glücklicher als das gemeinhin bei
Einzelgängern so starker Art der Fall. Im klei-
nen Kreis der Kenner hat er fast ausnahmslos
mehr als volle Anerkennung gefunden. Von
der Wirkung aufs Volk kann freilich noch nicht
die Rede sein. — Seine Spekulation geht darauf
nicht aus. — Dürer wollte einst mit seiner
Apokalypse aufs Volk wirken. Er erreichte das
Aufsehen, den Erfolg, den er wollte. Doch das
Volk wird er kaum sogleich erreicht haben.
Das folgte viel später. Auch bei Weiß wird
dies einst so sein. — Bis dahin aber wird unser
Künstler noch ganz andere Werke geschaffen
haben — aber immer Werke voll starker Form
und tiefem persönlichem Gehalt. Möchte Weiß
das Gebiet bald eröffnet werden von dem er
träumt — für das er bestimmt, für das unsere
Zeit erst reif wird: das Fresko. Möchte er aber
immer treu bleiben, der Kunst, die tiefstes im
schlichtesten zu geben berufen ist: der Gra-
phik, als deren Meister er hervorgetreten aus
altem großen Chor........... k. w. bredt.