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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Mayer, August Liebmann: Sommer-Ausstellung der Münchener Neuen Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0312

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Sommer-Ausstellung der Münchener Neuen Secession.

RICH. SEE WALD-MÜNCHEN. (SOMMER AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER NEUEN SECESSION.) TRIPT YCHON »AN DIE TIERE«

das allzu plakatmäßig wirkt. Solchen monu-
mentalen Aufgaben ist Seewalds Talent, das
bei kleineren dekorativen Stücken sehr liebens-
würdig wirkt, in keiner Weise gewachsen. Otto
Kopp bewegt sich mehr denn je in den Bahnen
Weisgerbers, Teutsch zeigt in der ausge-
stellten Landschaft leider eine Verflachung und
eine süßliche Note, die eine große Gefahr für
eine günstige Weiterentwicklung seines deko-
rativen Stiles birgt. Kanold mit seiner mage-
ren melancholischen Stimmung und Erbslöh
mit seiner wenig phantasievollen Romantik
wissen ebenso wenig Neues zu sagen wie der
geschmackvolle Ahlers-Hestermann, dessen
Ideal nach wie vor die Kunst Derains zu sein
scheint. Das gleiche gilt von Nölken, der un-
entwegt, aber unglücklich um die Kunst Ce-
zannes wirbt. Sehr geschickt, aber wie immer
leicht süßlich sind die Bilder Nowaks, der
sich immer bewußter als eine Art dekadenter
Nachfolger Renoirs gibt. Mit ihm zusammen
muß Heinrich Brüne genannt werden, der
sich nunmehr zur Neuen Secession geschlagen
hat, von dessen erheblichem Talent man aber
ein bedeutsameres Einführungswerk hätte er-
warten dürfen, als es das etwas zu modische
und leicht oberflächliche Damenbildnis ist.
Hans Gött, von dem man auch ältere Ar-
beiten sieht, wirkt noch recht unausgeglichen
und noch nicht selbständig genug. Von dem
Baseler Pellegrini hat man schon weit be-
deutendere Arbeiten gesehen als die diesjäh-
rigen sind. Schinnerer hat nun auch als Maler
seinen Stil gefunden. Freilich, der Graphiker
wird dem Maler Schinnerer immer weit über-
legen bleiben. Aber die eigentümlich herbe
und unbeholfene Art, die die kleinen Bilder
bekunden, zeigen doch viel Liebenswertes, eine
aufrichtige Menschlichkeit. Stückgolds Ar-
beiten dagegen wirken recht überflüssig und
dokumentieren sich gerade hier als moderner

Kitsch und als Arbeiten eines Mannes, dessen
Wollen ungleich größer ist als sein bescheidenes
Können, dessen malerische Phantasie mit der
literarischen in keiner Weise Schritt hält.

Unstimmigkeiten ganz anderer Art weisen
die phantastischen Bildchen Paul Klees auf.
Diese Farben- und Linienphantasien dokumen-
tieren sich mehr und mehr als Spielereien eines
von Haus aus wenig begabten Außenseiters,
die aber von einem snobistischen Publikum
immer noch zu ernst genommen werden. Hat
einer der Kleeverehrer glücklich den Titel des
Bildes oder des Aquarelles erfahren, so wird
er mit begeisterten Worten die tiefe Durch-
geistigung des Vorwurfes der Bildidee einem
mehr oder minder gutgläubigen Zuhörer aus-
einandersetzen. Weiß er aber den Bildtitel
nicht, so wird es ihm ebensowenig schwerfallen,
das genaue Gegenteil von dem herauszulesen,
was der geistvolle Künstler der Welt hat kün-
den wollen. Diese manchmal aparten Farben-
mosaiken haben mit Malerei nichts zu tun.

Unter den Radierungen und Zeichnungen
machen neben Blättern von Schinnerer, vor-
allem dem „Pferch", die eigenwilligen Holz
schnitte 0 tto Langes und die nach wie vor außer-
ordentlich viel für die Zukunft versprechenden,
im besten Sinn an frühen deutschen Arbeiten
geschulten Zeichnungen von Adolf Jutz, sowie
eine Reihe musikalisch beschwingter Radie-
rungen Lehmbrucks den stärksten Eindruck.
Von köstlicher Laune, von Humor im besten
Sinne des Wortes erfüllt sind die Porträt-
karikaturen von Emil Preetorius. Etwas deka-
dent barock, aber doch von einer überzeugen-
den Schwungkraft der Linienführung.

Die Zahl der ausgestellten Plastiken ist klein;
aber was man sieht, verdient mindestens das
gleiche Interesse wie die Malerei. Vor allem
ist man erfreut, Wilhelm Gerstel nunmehr hier
zu begegnen und zu sehen, wie natürlich sich
 
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