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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Mayer, August Liebmann: Sommer-Ausstellung der Münchener Neuen Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0314

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Sommer-Ausstellung der Münchener Neuen Secession.

robert GENIN—MÜNCHEN. PASTELL >WASSERSCHÖPFENDEc

die kluge Kunst dieses Bildhauers weiter ent-
wickelt. In der kleinen Liegenden gibt Gerstel
eine neue Lösung des ihn von jeher besonders
beschäftigenden Problems des liegenden Aktes.
Eigentümlich rhythmisch beschwingt, wie dieses
von der Musik seiner Kurven lebende Stück
ist, steckt auch in dem „Fallenden Krieger"
ein eigener Reiz ; das Gelöste in der Bewegung
besitzt etwas Visionäres, weit über allem ko-
pierenden Naturalismus Stehendes. So gediegen
auch die Porträtbüsten von Caspar Pilartz' sind,
so zeugen sie doch nicht ausschließlich genug
von starkem, persönlichem Temperament. Das
Exotische im Kopf einer Malayin bringt nur
äußerlich einen neuen Zug in Pilartz' Kunst.
Von einer durchgreifend modernen Stilisierung
kann auch bei diesem Kopf nicht die Rede sein.
Das Bedeutsamste an moderner Plastik gibt
unzweifelhaft Edwin Schar ff. Gewiß ist hier
noch recht viel problematisch. Gewiß mag
man auch eine Verbissenheit in geometrische
Theorien erkennen und es gehört auch nicht
viel dazu zu sehen, daß der Künstler noch nicht
da angelangt ist, wohin er letzten Endes will.
Aber es deckt sich hier Wollen mit Können,
man spürt die gesunde Begabung, eine sichere
Hand und einen großen Zug, vor allem aber
auch die solide Basis. Zeigt sich in der Por-
trätbüste eine Durchdringung der natürlichen
Grundform mit scharfen geometrischen Ele-
menten, ein Herausholen des Geistigen und eine
starke Unterstreichung des Wesentlichen ganz
im Sinne modernster Kunst, so ist bei der
großen stehenden weiblichen Figur das Visio-
näre noch stärker fühlbar, die Eigenwilligkeit
des Künstlers, uns in seine Welt zu zwingen
und aus dem Spiel von Graden und Kurven,
aus sphärischen Dreiecken, Calotten usw. ein
in sich absolut Lebendiges zu gestalten, uns
den starken Rhythmus im Aufbau und in der
Linienführung des Konturs mit empfinden zu

lassen................ augdst l. mayer.

£

Das muß ein gar spröder Kopf sein, der sich nicht
getraut, noch Weiteres zu erfinden, sondern der
überall nur auf deraltenBahn geht, bloß Anderen nach-
folgt und sich nicht getraut, weiter nachzudenken. Dürer.

*

Die Nachahmung ist zwar zu allen Zeiten der
Tribut gewesen, den das Talent dem Genie
entrichtet. Wo das Genie auftritt, steigern sich die
Ausdrucksmittel und Ausdrucksfähigkeit aller Talente
— wie es überhaupt seine und alle folgenden Zeiten
auf eine höhere Stufe hebt. Aber der Nachahmer
sollte sich bewußt sein, daß er nur zu Studien-
zwecken und vorübergehend — wenn überhaupt —
mit den Augen eines andern sehen und mit seinen
Mitteln sich ausdrücken darf.. . ALFRED L1CHTWAFK.
 
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