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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Hermann, Georg: Erich Büttners Gelegenheitsgraphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0335

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ERICH BÜTTNERS GELEGENHEITSGRAPHIK.

VON GEORG HERMANN.

S mußte dem, der
die Berliner Aus-
stellungen verfolg-
te , in den letzten
Jahren das Em-
porkommen einer
neuen, künstleri-
schen Physiogno-
mieauffallen. Neue
Talente treten wohl
jedes Jahr in unse-
ren Gesichtskreis.
Sie stellen — so oder so — geringe Abweich-
ungen des jeweiligen Typs dar. Kein Wunder:
denn zum Schluß sind sie ja die Endsummen
ähnlicher oder gleicher Faktoren. Es gibt auch
unter ihnen solche, die überraschen und neu-
gierig machen, reich an Hoffnungen und Ver-
sprechungen sind . . . aber sie sind doch nicht
mit den neuen Physiognomien zu verwechseln.
Die sind weit seltener, kaum daß alle paar
Jahre einmal eine für uns hinzukommt. Diese
neuen Physiognomien stehn meist mit der Zeit
und dem Zeitgeschmack weit lockerer im Zu-
sammenhang als die neuen Talente. Sie haben
sich zwar das angeeignet, was die Zeit ihnen
bieten konnte, es ihrem Wesen amalgamiert;
sie selbst aber kommen aus ihrer eigenen Hei-
mat, aus jenem geheimnisvollen Urgrund, in
dem alles Persönliche wurzelt und sind nur im
beschränkten Maße der Gegenwart tributpflich-
tig. Wir mögen sie anerkennen oder ablehnen,

wir messen sie von vornherein mit einem an-
dern Maßstab. Sie haben stets den Freibrief
der Persönlichkeit. Wir empfinden, daß es ihr
Schicksal ist, schöpferisch zu sein, und sind
ihnen doch zuletzt dankbar dafür, daß sie —
wie sie sind — voraussetzungslos vorhanden
sind. Sie haben keine Voraussetzung und keine
Entwicklung ... sie sind eben da; sind von
Anfang an sie selbst und haben die Tendenz,
sich, hundertfach facettierend, immer wieder
von neuem auszugestalten und mitzuteilen.
Wie gesagt: diese Erscheinungen — ich nannte
sie Physiognomien im Gegensatz zu den Talen-
ten — sind selten und unter den jetzt Nach-
wachsenden scheint mir Erich Büttner eine
solche zu sein. Ein junger Maler, kaum über
25, der schon fast auf eine Arbeitszeit von
einem Jahrzehnt zurücksieht; Handwerkers-
sohn ; Volksschüler, der nebenher sich eine mehr
als gute Allgemeinbildung aneignete; literarisch
überaus interessiert; als Maler, Zeichner, Gra-
phiker von einer Menzelschen Produktionskraft;
etwas doktrinär; etwas spintisierend; leicht
skurril; knorrig; überaus reich an Einfällen und
Gestaltungskraft; nicht immer sehr geschmack-
voll, selten von äußerer Gefälligkeit . . . aber
durchaus neuartig und eindringlich sich mit-
teilend, alles Technische sich wie spielend zu
eigen machend . . . ohne daß ihn seine große
Begabung und die Fülle seiner Produktion je
zur Leichtfertigkeit verführte. Künstler, in dem
sich durch Blut etwas von gotischer, altdeut-
 
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