DOI Artikel:
Barchan, Paul: Russische Tänzerinnen
DOI Artikel:Strzygowski, Josef: Eine Grabkirche von Ivan Mestrovic
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0143
BLICK AUF CAVTAT • DALMAT1EN.
»FRIEDHOF U. GRABKIRCHE« (2)
EINE GRABKIRCHE VON IVAN MESTROVIC.
VON JOSEF STRZYGOWSKI.
Man muß an die Grenzen des mitteleuropäi-
schen Kerkers gehen, um heute Großdenk-
mäler entstehen zu sehen. In Stockholm werden
im Stadtbau sowohl, wie im Bauen selbst Auf-
gaben gelöst, die zur Auffrischung wohl auch
in Deutschland zur Kenntnis genommen werden
sollten. Und nun ist auch an der Südgrenze
in aller Stille ein Denkmal fertig geworden, das
nicht wie im Norden dem Gemeinsinn der Be-
völkerung seine Entstehung verdankt, sondern
in einem entlegenen Winkel der Welt durch
einen für die Kunst glücklichen, rein menschlich
genommen aber freilich einen recht unglück-
lichen Zufall möglich gemacht wurde. Eine aus
Cavtat in der Nähe von Dubrovnik (Ragusa)
stammende Reederfamilie, die in rascher Folge
ausstarb, hat in ihrem Geburtsort ein Denk-
mal vorgesehen, das einem großen Künstler
unserer Zeit überantwortet wurde. Dieser schuf
dort am Oststrande der Adria ein Werk, das
den Vergleich mit einem anderen, an der West-
küste gelegenen aushält: mit dem Grabmale
des Theoderich in Ravenna. Beide sind kleine
Zentralbauten, erbaut aus den Steinbrüchen,
die in Istrien und Dalmatien zur Verfügung
stehen. Das eine eines der reinsten Beispiele
armenischer Art, also reine Architektur ohne
jeden Schmuck von Menschengestalten; das
andere von der Hand eines südslavischen Bild-
hauers geschaffen, ein Werk, das wie kein
zweites neuerer Zeit die Art des Südens darin
fast rein wiedergibt, daß es seinen eigentlichen
künstlerischen Wert gerade durch die Menschen-
gestalt erhält. Es läßt sich denken, daß der
Schöpfer, Ivan Mestrovic, der sich bisher aus-
schließlich durch bedeutende, einst in Wien wie
in Deutschland, in den letzten Jahren vor allem
in London und Paris anerkannte Werke der
Bildhauerei hervorgetan und eine führende Stel-
lung im künstlerischen Schaffen der Gegenwart
127
XXVI, Juni 1923. 2
»FRIEDHOF U. GRABKIRCHE« (2)
EINE GRABKIRCHE VON IVAN MESTROVIC.
VON JOSEF STRZYGOWSKI.
Man muß an die Grenzen des mitteleuropäi-
schen Kerkers gehen, um heute Großdenk-
mäler entstehen zu sehen. In Stockholm werden
im Stadtbau sowohl, wie im Bauen selbst Auf-
gaben gelöst, die zur Auffrischung wohl auch
in Deutschland zur Kenntnis genommen werden
sollten. Und nun ist auch an der Südgrenze
in aller Stille ein Denkmal fertig geworden, das
nicht wie im Norden dem Gemeinsinn der Be-
völkerung seine Entstehung verdankt, sondern
in einem entlegenen Winkel der Welt durch
einen für die Kunst glücklichen, rein menschlich
genommen aber freilich einen recht unglück-
lichen Zufall möglich gemacht wurde. Eine aus
Cavtat in der Nähe von Dubrovnik (Ragusa)
stammende Reederfamilie, die in rascher Folge
ausstarb, hat in ihrem Geburtsort ein Denk-
mal vorgesehen, das einem großen Künstler
unserer Zeit überantwortet wurde. Dieser schuf
dort am Oststrande der Adria ein Werk, das
den Vergleich mit einem anderen, an der West-
küste gelegenen aushält: mit dem Grabmale
des Theoderich in Ravenna. Beide sind kleine
Zentralbauten, erbaut aus den Steinbrüchen,
die in Istrien und Dalmatien zur Verfügung
stehen. Das eine eines der reinsten Beispiele
armenischer Art, also reine Architektur ohne
jeden Schmuck von Menschengestalten; das
andere von der Hand eines südslavischen Bild-
hauers geschaffen, ein Werk, das wie kein
zweites neuerer Zeit die Art des Südens darin
fast rein wiedergibt, daß es seinen eigentlichen
künstlerischen Wert gerade durch die Menschen-
gestalt erhält. Es läßt sich denken, daß der
Schöpfer, Ivan Mestrovic, der sich bisher aus-
schließlich durch bedeutende, einst in Wien wie
in Deutschland, in den letzten Jahren vor allem
in London und Paris anerkannte Werke der
Bildhauerei hervorgetan und eine führende Stel-
lung im künstlerischen Schaffen der Gegenwart
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XXVI, Juni 1923. 2