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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Rutra, Arthur Ernst: Josef Eberz: ein Porträt eines Künstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0203

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Josef Eberz.

JOSEF EBERZ—MÜNCHEN.

»STRASSE IN TAORMINA«

Der Leidensweg, den der um seine innere
Gestaltung hart Ringende ging, hat dem endlich
Gereiften eine Fülle von Gesichten vermittelt,
die ihn — den zwischen Leben und Askese
Gestellten — zur religiösen Malerei trieben.
Der Geist Kölns, unter dem er lange gestanden,
gab den Inhalt, — der Künstler Eberz, Sohn
des zwanzigsten Jahrhunderts, Form und Farbe.
Und so wurden seine gotischen Heiligen, gotisch
in dem sich überschneidenden Heiligenschein,
gotisch in der himmelanstrebenden Rundung
ihrer Körper, — Heilige des zwanzigsten Jahr-
hunderts. Es ist jene Versunkenheit in ihnen,
die eine ganze Gemeinschaft von Menschen des
Mittelalters teilnehmen ließ an dem Bau der
Kathedrale. Und jene Bejahung des Lebens,
die den Gegenwartsmenschen wegruft von der
klösterlichen Kontemplation, ihn untergehen
und ihn auferstehen läßt: Stirb und Werde!
Merkwürdige Heilige? Nein. Heilige unserer
Zeit — Eberz malte den Christus des zwanzig-
sten Jahrhunderts, — malte die Maria, die den
Sohn gebar, auf daß er sterbe, und wiederge-
bar, auf daß er lebe !

Niemals hätte ein Franzose diese Bilder malen
können. Ein Deutscher schuf sie aus einer nur
ihm gegebenen Inbrunst der Buße und Qual.
Der Geist Kölns, der herbe Geist spätmittel-

alterlicher Meister schwebt über ihnen. Der
Geist des einsam in sich Gekehrten, durch Läu-
terung zu jener reinen Höhe Vorgedrungenen,
die ihn zu Schöpfungen berief, in denen er
sein tiefes Bekenntnis ablegte. Denn nur ein
von tiefer Gläubigkeit erfüllter Mensch, der
die Gnade, Künstler zu sein, dankbar be-
kennt, vermag Bilder zu schaffen wie die „Ek-
stase" eines ist, und das „Herz-Jesu-Bild" in
der Konviktskirche zu Ehingen, die Zeugnis
von seiner Berufung geben.

Und aus diesen Schöpfungen heraus ist es
zu verstehen, daß er angesichts des Isenheimer
Altars, den er in München sieht, die Worte
findet, die in keines Munde wahrhafter klingen
als in seinem: „Hier überrauschte einen wie
Schauer Grünewalds geniales Altarwerk. Höch-
stes Wunder dieses Einzigen, sei leuchtendes
Vorbild unserer gequälten Zeit!"

Aus der religiösen Welt mußte ihn sein Weg
zur Welt — zur weltlichen Malerei — zur Land-
schaft führen. Aber es blieb der gotische Mensch,
der mit der Weichheit der Formung Über-
hauchte, die mehr und mehr ihre Sprödigkeit
verlor, je öfter der Künstler südliche Regionen
aufsuchte. Niemals jedoch, daß sich die Ahnung
des Ursprungs verlor, daß der gotische Cha-
rakter schwände. Die Reisen brachten neuen
 
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