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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Lemcke, Carl von: Adriaen van Ostade: geb. in Harlem 1610, † 1685 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0181

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SEIN DARSTELLUNGSGEBIET.

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Dumme, welche dies in's Komifche zieht, fchweigt vor den erden Gefühlen und
der heiligen Einfalt. Diefe Objectivität in der Auffaffung feiner Perfönlichkeiten
fichert ihm ftcts unfere vollhe Thcilnahme. Seine Perfonen hnd immer ganz
bei der Sache. Davor haben wir Rcfpect, wo und wie wir das auch antreffen
mögen. Es hnd keine Masken, die wir fchcn.
Bauernfamilie, trinkende Bauern, rauchende Bauern, Bauern in der Schenke
Bauern vor der Schenke, fo heifst es immer wieder im langen Verzeichnifs
feiner Bilder. Adriaen befchränkt hch übrigens dabei nicht, wie Brouwer, auf
die unterhe, dahingchörige Klaffe. Auch die Vermögenderen, etwa Händler,
Müller, Halbhädter frequentiren feine Wirthshäufer und converhren in oder vor
der Schenke. Lieblingsfcenen hnd ihm Gruppen, die vor dem Haufe htzen, oder
die etwa durch einen ruppigen Bicrhedlcr, der durch's Dorf geigt, vor die Thür
gelockt werden; die kleinen Gaffenferkel von Dorfkindern ftehen zu Häuf und
hören verwundert, fcheu und trotzig zugleich, dem Eiedler zu.
Für gröfsere Interieurs verwendet Adriaen gerne Doppellicht. Seine tiefen
Wirthshuben und Ateliers pflegen erleuchtet zu werden durch Fenfler, feitwärts
im Vordergrund, und ein Fenher im Hintergrund. Dadurch gebietet er über die
ganze Tiefe des Raumes, der genugfam erhellt ih, um überall lebensvolle Fülle
zu zeigen; das Licht ift meihens gedämpft durch die kleinen Scheiben oder durch
Weinranken, welche die Fenfler halb verhängen, wodurch die magifche Wirkung
hch um fo natürlicher ergiebt.
Oflade's heiterem, offenen Sinn cntfpricht die reichere Farbenfcala, welche
er fehhält; feiner geifligen Harmonie die feines Colorits. Nie hat er eine Force
darein gefetzt, auf eine einzige Farbenreihe feine Bilder durchzuführen und wo
möglich alle leuchtenderen Farben auszufchliefsen, wie dies bis zur Manier bei
manchen feiner Genoffen Mode ward, welche in folchcr Fugirung ihre Virtuohtät
zeigten, aber auch häuhg genug hch um die Wahrheit nicht kümmerten, obwohl
man he gedankenlos wegen ihres Realismus zu preifen pflegt. Adriaen blieb
darin den Jugendlehren getreu, welche er in einer Schule empfing, die aus Flan-
dern flammte, wo man farbenfreudiger blieb.
Er hat echte Idyllen-,Stimmung und Behandlung, fomit Gleichmäfsig-Fliefsen-
des, nichts Grelles, Hartes, im fcharfen Contrahe dramatifch hch Stofsendes und
Hervortretendes. Seine Farben hnd fatt, faftig, fchmelzend, das Ganze ifl zart
gemalt — im Gegenfatz zu Brouwers keck genialerem Hinwerfen der Farben — ;
das unendliche Feingefühl für das Abnehmen der Farbentöne hoben wir fchon
hervor. An dem goldig überdämmerten Braun der Interieurs und dem Smaragd-
grün der Exterieurs erkennt man ihn leicht. Der grüne Dämmerfchein des Laubes
am Fenfler und vor der Thür ih ein Lieblingsvorwurf für feinen Pinfel. Bezeich-
nender Weife heht man in einer Radirung feines Ateliers eine Weinranke liegen.
Die Harmonie der Farben in feinen behen Bildern erquickt das Auge, ehe man
das Einzelne unterfcheidet. Er ih als Colorih voll Nobleffe und Idealismus, voll
von bezauberndem Wohllaut. Auch die guten holländifchen Dichter haben
hohen Wohllaut, felbh in ))boertigem< Liedern; für manche deutfehe Kritiker fei
dies bemerkt.
Ob Adriaen van Ohade Innenbilder oder Aufsenbilder, ob er einzelne, ob
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