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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Reber, Franz von: Anton Raphael Mengs: geb. zu Aussig 12. Mai 1728, gest. zu Rom 29. Juni 1779
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0470

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ANTON RAPHAEL MENGS.

auf Bilderliebhaberei concentrirt, welche im Gegenlatz zu dem Sammeleifer an
vielen damaligen Fürflenhöfen weder vorherrfchend oRcntiös noch ohne Ver-
ftändnifs und wahrhafte Empfindung war. Unftcrblich ilt die wahrhaft clafhfche
Scene, in welcher der König bei der Aufhellung der liltinifchen Madonna eigen-
händig den Thronfeffel mit den Worten zurückfchob: "Platz da für den grofsen
Raphael!" Auch konnte es ihm nicht begegnen, was dem kunfüiebenden König
Carl III. von Spanien bei der "Nacht" des R. Mengs begegnet ift, dafs er das
Correggio'fchc Vorbild der Schöpfung eines modernen Rivalen nachfetzte; denn
als Rotari, obwohl von ihm und mit Recht hochgefchätzt, in feiner "Ruhe auf
der Flucht" das Beleuchtungsmotiv der "Notte" entlehnt und in der Meinung
im Uebrigen Correggio übertroffen zu haben, die beiden Bilder zum Vergleich
fo zufammengeftellt hatte, dafs das neue Bild hinter dem unübertrefflichen
Meifterwerkc Correggio's hcrvorleuchtete, foll dem König das geflügelte Wort
entfahren fein: C'est bon pour le dcrriere du Correge!
Doch fo ernfthaft auch des Königs Liebe für die Meiflcrwerke des 16. u. iy.
Jahrhunderts war, von welchen er fleh täglich das eine oder andere in fein Wohn-
zimmer bringen liefs, um cs recht geniefsen zu können, und fo fchr er fich auch be-
mühte, durch perfönliche Beziehungen mit fürftlichen Befitzern diefe Schätze immer
zu vermehren, fo wurden feine Beflrebungen doch hauptfächlich nur dadurch
recht gedeihlich, dafs er das Glück hatte, die rechten Männer längere oder kürzere
Zeit an feiner Seite zu haben, welche bei gleicher Tendenz ihm an Kennerfchaft
überlegen waren. Man erinnere fich nur an den Venezianer Grafen Fr. Algarotti,
an C. H. v. Heinecken und an Chr. L. v. Hagedorn, welche an der Entwicklung
der grofsartigen Sammlung einen fo wefentlichen Antheil genommen haben.
Gegenüber der herrfchenden Strömung war es ohne Zweifel von grofsem Werthe,
dafs Heinecken univerfell angelegt war und der italienifchen Kunft nicht die
Alleinberechtigung zufprach, während Hagedorn fogar der nordifchen Kunft
überwiegend huldigte. So entfland die bedeutendfle Galerie Deutfchlands, welche
nur daran krankte, dafs in ihr das gefchichtliche Element zu wenig Berück-
fichtigung fand und den Vorcinquecentiflen die gebührende Stelle nicht ein-
geräumt ward. Doch hatte wenigftens Hagedorn nicht gefäumt, auf die Cin-
quecentiften Oberdeutfchlands in weiterer Ausdehnung aufmerkfam zu machen,
als dies fchon durch den berühmten Pfeudo-Holbein der MeyerTchen Madonna
gelungen war, indem er den alten Cranach in der Heimath feiner Thätigkeit
wieder zu Ehren brachte, Dürer und Aldegrever vertheidigte, wie er andererfeits
auch unter den Niederländern auf die Van Eyck'fche Schule zurückwies.
Der Einßufs der Galerie auf den Kunftbetrieb konnte nicht ausbleiben.
Das NächfUiegende war der Impuls zum Copiren, genährt durch die bald in den
weiteften Kreifen graffirende Sammelwuth, welche einerfeits bei befchränkteren
Mitteln, andererfeits aus Unkenntnifs der Sammler mit Copien, Fälfchungen und
harmloferen Imitationen gefüllt zu werden begann. Die entfehiedene Vorliebe
für die Alten würde die originale moderne Production auch dann vom Markte
verdrängt haben, wenn dies Schickfal ein unverdientes gewefen wäre. Nun aber
wäre man vielleicht niemals mit weniger Recht in dem Falle gewefen, diefe
Vorliebe für die alten MeiRer nur als eine archaifüfche Grille zu bezeichnen,
 
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