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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Wessely, Joseph Eduard: Angelica Kaufmann: geb. in Chur 1741, gest. in Rom 1807
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0494

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ANGELICA KAUFMANN.

Der Vater Angelica's, Johann Jofeph Kaufmann, ftammte aus Schwarzenberg
bei Condanz, und obgleich felbd nur ein mittelmäfsiger Maler, bewies er hch
fpäter doch als ein tüchtiger Lehrer in den Anfangsgründen feiner Kund der
Tochter, feinem einzigen Kinde, gegenüber. Diefe wurde ihm in Chur, wo er
im Dienfle des dortigen Bifchofs befchäftigt war, am 30. October 1741 geboren.
Nach Vollendung der Arbeit fiedelte Kaufmann mit Weib und Kind im Sommer
des folgenden Jahres nach Morbegno an der Adda, im Lombardifchen über.
In fchöner Naturumgebung, getragen von der Liebe zärtlicher Eltern, brachte
Angelica dort ihre erden Lebensjahre zu. Auffallend früh entwickelte dch ihr
geidiges Leben und mit diefem zugleich eine ausgefprochene Vorliebe für die
Kund. Nahrung fand diefe in jedem Kupferdich, der in ihre Hand kam, in jedem
Gypsabdruck, in jedem Gemälde im Atelier ihres Vaters. Bald verdichte de
die Nachbildung des Gefehenen, und der Vater, ihr entfchiedenes Talent erken-
nend, war ein unermüdeter Förderer auf diefem Wege. So verdofs ihre erde
Jugend unter Zeichen-, Sprach- und Mudkunterricht, während die Mutter de
zugleich in nützlichen weiblichen Arbeiten unterwies.
Mit welch' richtigem Takte der Vater den Kundunterricht leitete, erdeht
man aus dem Umdande, dafs er Angelica anhaltend nach Abgüffen der beden
Antiken zeichnen und fpäter auch malen liefs. Damit erweckte er einerfeits bei
feiner Schülerin das Gefühl und Verdändnifs für antike Schönheit, während zu-
gleich die Angewöhnung, dets nach dem Runden zu zeichnen und zu malen, ihr
eine ungemeine Freiheit und Leichtigkeit, dch in der Kundform zu äufsern,
verfchaffte. Das Zeichnen nach der Antike weckte die Lud am Portraitiren.
Mit neun Jahren fchon malte Angelica in Padell einige Bildniffe, die Staunen
erregten.
Im Jahre 1752 dnden wir die Familie in Como, wohin Kaufmann gezogen
war, da ihm dort reichliche Befchäftigung verfprochen wurde. Hier malte An-
gelica, als elfjähriges Kind, das Bildnifs des greifen Bifchofs von Como, Nevroni
Cappuccino. Die Arbeit bei zur Zufriedenheit aus und brachte der jungen An-
fängerin zahlreiche Bedellungen ein. Doch nicht von diefen Erfolgen in be-
fchränktem Kreife war de befriedigt, ihre Sehnfucht ging Höherem nach, und
obgleich noch ein Kind, hatte de doch fchon hinreichenden Verband, um zu er-
kennen, wie viel ihr zur wirklichen Kündlerfchaft noch fehlte. Hatte de doch
noch keines der berühmten Hauptwerke der grofsen Kündler im Original gefehen,
wenn de auch aus den Kupferdichen, die dch in der Sammlung ihres Vaters
befanden, eine Ahnung von ihrer Herrlichkeit gewann.
So war es denn für ihre weitere Entwicklung von höchder Bedeutung, dafs
die Eltern i. J. 1754 nach Mailand überdedelten. Fleifsig befuchte de dort Kirchen
und Galerien; doch genügte ihr die blofse Betrachtung der Kundwerke nicht,
fondern de fuchte zugleich durch eifriges Copiren dch in den Geid und die Be-
handlungsweife der älteren Meider einzuleben. Bei diefen Arbeiten wurde de
mit dem Herzog von Modena und der Herzogin von Mafia Carrara bekannt,
welche Letztere dch von der Kündlerin malen liefs. Als dann i. J. 1757 die
Mutter darb, duldete es den Vater nicht mehr in Mailand, und er kehrte in feine
Heimath zurück. Während er hier die Kuppel der Stadtkirche malte, verfuchte
 
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