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DIEGO VELAZQUEZ.
Wefen war daran Schuld, dafs die Schüler, die ihm in grofser Zahl zuftrömten,
in der Regel nicht lange bei ihm aushielten. Auch Velazquez blieb nur kurze
Zeit in feiner Schule, empfing aber hier ohne Zweifel für feine künftlerifche
Richtung die erflen entfclieidenden Impulfe; gleich am Beginn feiner Studien fah
er fleh auf den Weg geführt, der feiner Begabung am meiden entfprach, der für
die Entwicklung feiner künfllcrifchen Individualität der gemäfsefte war.
Pacheco, fein zweiter Lehrer, war in allen Stücken das gerade Gegentheil
des alten Ilerrera, ein Mann von feiner literarifcher Bildung, mehr Gelehrter
als Künfller, ein Anhänger der alten Sevillaner Malerfchule, der immer auf die
Mutter der florentinifch-römifchen Kunft zurückwies, auch dann noch, als die neue
Richtung der Malerei in Sevilla fchon feiten Boden gewonnen. Seine eigenen
Bilder find nichts als kalte und nüchterne Nachahmungen des italienifchen Stils.
Literarifch war er vielfach befchäftigt; feine Schrift über die Malerei (Arte de la
pintura, su antiguedad y grandezas), die für uns noch in mancher Hinficht von
hiftorifchem Intereffe iit, ftand lange Zeit in nicht geringem Anfchcn. War für
Velazquez, wie diefer ohne Zweifel rafch erkannte, in künftlerifcher Hinficht bei
Pacheco wenig zu profftiren, fo waren die mannigfachen Anregungen anderer Art,
die er bei ihm und in feiner Umgebung fand, doch geeignet, ihn an das Atelier
deffelben zu feffeln. Mit der ganzen vornehmen und gebildeten Welt des da-
maligen Sevilla ftand Pacheco in naher Beziehung; fein Bruder, der gelehrte
Kanonikus, Rodrigo Caro, der Gefchichtlchreiber von Sevilla, die Dichter Francisco
de Rioja und Gongora, welcher letztere fleh damals öfters in Sevilla aufhielt,
und andere hervorragende Männer der Wiffenfchaft und Literatur waren im Haufe
des Malers viel gefehene Gälte; im Verkehr mit diefen Männern und in den
ariftokratifchen Kreifen, zu denen Velazquez durch Pacheco's Vermittlung Zutritt
erhielt, gewann er frühzeitig jene mannigfaltige weltmännifche Bildung, die für die
weitere Geftaltung feines Lebens von wefentlicher Bedeutung war.
Mit dem Haufe Pacheco's follte ihn bald noch ein anderes, intimeres Intereffe
verbinden. „Nach fünfjähriger Lehrzeit", lagt Pacheco in feiner Schrift über die
Malerei'), „verheirathete ich ihn mit meiner Tochter Dona Juana, wozu mich
feine Tugend und Ehrenhaftigkeit und feine übrigen vortrefflichen Ligenfchaften
bewogen, fowie die Hoffnungen, die fein grofses Genie erweckte." Die Trauung
fand am 2ß. April 1618 ftatt. Von Juana, die während eines Zeitraums von
beinahe vierzig Jahren die treue Gefährtin des Künftlers war und ihn nur wenige
Tage überlebte, kennen wir ein Bildnifs von der Hand des Velazquez, das
einige Jahre nach ihrer Vermählung entfland und fleh jetzt im Museo del Prado
zu Madrid befindet; der Kopf ifl ganz ins Profil gefleht und zeigt kräftige,
nicht unbedeutende, etwas fcharfe Züge. Ein anderes Porträt derfelben aus
fpäterer Zeit findet fleh auf dem Lamilienbild des Künftlers in der kaiferlichen
Gemäldegalerie zu Wien. Von den beiden Töchtern, die fle dem Gatten fchenkte,
Francisca und Ignacia, fcheint die letztere in noch kindlichem Alter geftorben zu
fein; die erftere verheirathete fleh mit dem Maler Mazo Martinez, dem Licblings-
fchüler des Velazquez. Sonft finden wir über das private Dafein des Künftlers
nichts Näheres berichtet; aber jenes Bild der Wiener Galerie, das ihn im Krcife
feiner Familie, feiner Kinder und Enkel darftellt, ift uns ein fprcchendes Denkmal
DIEGO VELAZQUEZ.
Wefen war daran Schuld, dafs die Schüler, die ihm in grofser Zahl zuftrömten,
in der Regel nicht lange bei ihm aushielten. Auch Velazquez blieb nur kurze
Zeit in feiner Schule, empfing aber hier ohne Zweifel für feine künftlerifche
Richtung die erflen entfclieidenden Impulfe; gleich am Beginn feiner Studien fah
er fleh auf den Weg geführt, der feiner Begabung am meiden entfprach, der für
die Entwicklung feiner künfllcrifchen Individualität der gemäfsefte war.
Pacheco, fein zweiter Lehrer, war in allen Stücken das gerade Gegentheil
des alten Ilerrera, ein Mann von feiner literarifcher Bildung, mehr Gelehrter
als Künfller, ein Anhänger der alten Sevillaner Malerfchule, der immer auf die
Mutter der florentinifch-römifchen Kunft zurückwies, auch dann noch, als die neue
Richtung der Malerei in Sevilla fchon feiten Boden gewonnen. Seine eigenen
Bilder find nichts als kalte und nüchterne Nachahmungen des italienifchen Stils.
Literarifch war er vielfach befchäftigt; feine Schrift über die Malerei (Arte de la
pintura, su antiguedad y grandezas), die für uns noch in mancher Hinficht von
hiftorifchem Intereffe iit, ftand lange Zeit in nicht geringem Anfchcn. War für
Velazquez, wie diefer ohne Zweifel rafch erkannte, in künftlerifcher Hinficht bei
Pacheco wenig zu profftiren, fo waren die mannigfachen Anregungen anderer Art,
die er bei ihm und in feiner Umgebung fand, doch geeignet, ihn an das Atelier
deffelben zu feffeln. Mit der ganzen vornehmen und gebildeten Welt des da-
maligen Sevilla ftand Pacheco in naher Beziehung; fein Bruder, der gelehrte
Kanonikus, Rodrigo Caro, der Gefchichtlchreiber von Sevilla, die Dichter Francisco
de Rioja und Gongora, welcher letztere fleh damals öfters in Sevilla aufhielt,
und andere hervorragende Männer der Wiffenfchaft und Literatur waren im Haufe
des Malers viel gefehene Gälte; im Verkehr mit diefen Männern und in den
ariftokratifchen Kreifen, zu denen Velazquez durch Pacheco's Vermittlung Zutritt
erhielt, gewann er frühzeitig jene mannigfaltige weltmännifche Bildung, die für die
weitere Geftaltung feines Lebens von wefentlicher Bedeutung war.
Mit dem Haufe Pacheco's follte ihn bald noch ein anderes, intimeres Intereffe
verbinden. „Nach fünfjähriger Lehrzeit", lagt Pacheco in feiner Schrift über die
Malerei'), „verheirathete ich ihn mit meiner Tochter Dona Juana, wozu mich
feine Tugend und Ehrenhaftigkeit und feine übrigen vortrefflichen Ligenfchaften
bewogen, fowie die Hoffnungen, die fein grofses Genie erweckte." Die Trauung
fand am 2ß. April 1618 ftatt. Von Juana, die während eines Zeitraums von
beinahe vierzig Jahren die treue Gefährtin des Künftlers war und ihn nur wenige
Tage überlebte, kennen wir ein Bildnifs von der Hand des Velazquez, das
einige Jahre nach ihrer Vermählung entfland und fleh jetzt im Museo del Prado
zu Madrid befindet; der Kopf ifl ganz ins Profil gefleht und zeigt kräftige,
nicht unbedeutende, etwas fcharfe Züge. Ein anderes Porträt derfelben aus
fpäterer Zeit findet fleh auf dem Lamilienbild des Künftlers in der kaiferlichen
Gemäldegalerie zu Wien. Von den beiden Töchtern, die fle dem Gatten fchenkte,
Francisca und Ignacia, fcheint die letztere in noch kindlichem Alter geftorben zu
fein; die erftere verheirathete fleh mit dem Maler Mazo Martinez, dem Licblings-
fchüler des Velazquez. Sonft finden wir über das private Dafein des Künftlers
nichts Näheres berichtet; aber jenes Bild der Wiener Galerie, das ihn im Krcife
feiner Familie, feiner Kinder und Enkel darftellt, ift uns ein fprcchendes Denkmal