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JULES HARDOUIN-MANSART.
1643) ein. Allerdings findet hch letztere fchon m den Stichen Ducerceau's, bleibt
aber bis auf Levau, der he confequent handhabte, ohne Nachfolge. Freilich halten
im Gegenfatz zu einem Theil ihrer nächflen Nachfolger gerade diefe Meifler trotz
aller Neuerungen mehr oder weniger an der heimifchen Tradition fett: den Teilen
mit Giebelfenftern durchbrochenen Dächern denen gerade Frangois Manfart die
charahteriflifche Form giebt, welche noch heut feinen Namen trägt (Manfarden),
dem Pavillon-Syftem bei Schlofsbauten, und, ausgenommen Levau, dem Zer-
legen der Faffade in die Stockwerksgliederung des Innern und der Vorliebe für
Pilafterarchitektur, wie dies in einem befonders charakteriftifchen Beifpiel Frangois
Manfart's Schlofs Maisons (1642) zeigt. Levau wieder bahnt der fpäteren Neigung
den Weg, den Sockel, welcher das Gebäude vom Erdboden abhebt, wegfallen
oder doch auf möglich!! geringe Höhe einfchrumpfen zu laffen (vergl. das College
des quatre nations heut Institut de France, Schlofs Vaux le Vicomte etc.). In der
Rococoperiode war es bekanntlich Modeerfordernifs, das Erdgefchofs möglich!!
mit dem Erdboden bündig zu legen, fo dafs die Stufen bis auf zwei oder drei
forthelen. Die franzöhfchen Bauten des 18. Jahrhunderts erhalten dadurch oft ein
eigenartiges Gepräge.
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewinnen aber die Clafficiften fo fehr
an Einhufs, dafs es eine Zeit lang den Anfcliein hat, als ob he beftimmend für
die Entwickelung der franzöhfchen Architektur der Folgezeit fein würden. Claude
Perrault (1613 — 1688) und Frangois Blondel (161/—1686) find die Führer
diefer Richtung; und charakterihifch genug kommen beide vom Gelehrtentifch
zur Architektur. Perrault hatte Medizin und Mathematik ftudirt,
«de mauvais medectn il devint bort architectex,
wie Boileau es ausdrückt, und bethätigte hch bis zuletzt gelegentlich in feinem
erhen Beruf; ja fein Tod foll durch eine Verwundung herbeigeführt fein, die
er hch bei der Section eines gefallenen Kameeles zugezogen hatte. Die Louvre-
colonnade (1663 beg.) ift, wenn wohl auch nicht feine erhe architektonifche
Leihung überhaupt, wie es gewöhnlich heifst, fo doch feine erfte bedeutendere.
Blondel's Liebe zur Architektur wurde erft auf einer Reife geweckt, die er
als Erzieher eines Sohnes des Staatsfecretairs Lomenie mit feinem Zögling nach
Italien machte. Bei diefer Vorgefchichte ih es begreiflich, dafs beide Männer
in der Architektur vornehmlich eine Wiffenfchaft fahen; auch haben ihnen ihre
Schriften noch gröfseren Ruf verfchafft als ihre Bauten. Blondel, den die Zeit-
genoffen gelegentlich, ohne viel Anrecht, den Grofsen nennen, war vor Allem
Kriegsbaumeifier, Ingenieur und Mathematiker; kunfthiflorifche Bedeutung hat
unter feinen Werken nur die Porte St. Denis erlangt, ein charakterillifches
Beifpiel akademifcher Nüchternheit, welches an künftlerifchem Werth weit hinter
Perrault's Louvrecolonnade zurückbleibt. Eine andere grofse Schöpfung des
letzteren Meiflers ift heut verfchwunden, jener prachtvoll reiche Triumphbogen,
den die Stadt Paris Ludwig XIV. zum Gedächtnifs der Eroberung Flanderns und
der Freigraffchaft im Jahre 1670 lüftete, der aber über die proviforifche Aus-
führung in Gips nicht hinauskam und deshalb nach 47jährigem Beflehen (1716)
wieder abgetragen werden mufste. Im Gcift der Louvrecolonnade gedacht, follte
er auch räumlich das Gegenftück zu derfelben bilden als der Abfchlufs einer
JULES HARDOUIN-MANSART.
1643) ein. Allerdings findet hch letztere fchon m den Stichen Ducerceau's, bleibt
aber bis auf Levau, der he confequent handhabte, ohne Nachfolge. Freilich halten
im Gegenfatz zu einem Theil ihrer nächflen Nachfolger gerade diefe Meifler trotz
aller Neuerungen mehr oder weniger an der heimifchen Tradition fett: den Teilen
mit Giebelfenftern durchbrochenen Dächern denen gerade Frangois Manfart die
charahteriflifche Form giebt, welche noch heut feinen Namen trägt (Manfarden),
dem Pavillon-Syftem bei Schlofsbauten, und, ausgenommen Levau, dem Zer-
legen der Faffade in die Stockwerksgliederung des Innern und der Vorliebe für
Pilafterarchitektur, wie dies in einem befonders charakteriftifchen Beifpiel Frangois
Manfart's Schlofs Maisons (1642) zeigt. Levau wieder bahnt der fpäteren Neigung
den Weg, den Sockel, welcher das Gebäude vom Erdboden abhebt, wegfallen
oder doch auf möglich!! geringe Höhe einfchrumpfen zu laffen (vergl. das College
des quatre nations heut Institut de France, Schlofs Vaux le Vicomte etc.). In der
Rococoperiode war es bekanntlich Modeerfordernifs, das Erdgefchofs möglich!!
mit dem Erdboden bündig zu legen, fo dafs die Stufen bis auf zwei oder drei
forthelen. Die franzöhfchen Bauten des 18. Jahrhunderts erhalten dadurch oft ein
eigenartiges Gepräge.
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewinnen aber die Clafficiften fo fehr
an Einhufs, dafs es eine Zeit lang den Anfcliein hat, als ob he beftimmend für
die Entwickelung der franzöhfchen Architektur der Folgezeit fein würden. Claude
Perrault (1613 — 1688) und Frangois Blondel (161/—1686) find die Führer
diefer Richtung; und charakterihifch genug kommen beide vom Gelehrtentifch
zur Architektur. Perrault hatte Medizin und Mathematik ftudirt,
«de mauvais medectn il devint bort architectex,
wie Boileau es ausdrückt, und bethätigte hch bis zuletzt gelegentlich in feinem
erhen Beruf; ja fein Tod foll durch eine Verwundung herbeigeführt fein, die
er hch bei der Section eines gefallenen Kameeles zugezogen hatte. Die Louvre-
colonnade (1663 beg.) ift, wenn wohl auch nicht feine erhe architektonifche
Leihung überhaupt, wie es gewöhnlich heifst, fo doch feine erfte bedeutendere.
Blondel's Liebe zur Architektur wurde erft auf einer Reife geweckt, die er
als Erzieher eines Sohnes des Staatsfecretairs Lomenie mit feinem Zögling nach
Italien machte. Bei diefer Vorgefchichte ih es begreiflich, dafs beide Männer
in der Architektur vornehmlich eine Wiffenfchaft fahen; auch haben ihnen ihre
Schriften noch gröfseren Ruf verfchafft als ihre Bauten. Blondel, den die Zeit-
genoffen gelegentlich, ohne viel Anrecht, den Grofsen nennen, war vor Allem
Kriegsbaumeifier, Ingenieur und Mathematiker; kunfthiflorifche Bedeutung hat
unter feinen Werken nur die Porte St. Denis erlangt, ein charakterillifches
Beifpiel akademifcher Nüchternheit, welches an künftlerifchem Werth weit hinter
Perrault's Louvrecolonnade zurückbleibt. Eine andere grofse Schöpfung des
letzteren Meiflers ift heut verfchwunden, jener prachtvoll reiche Triumphbogen,
den die Stadt Paris Ludwig XIV. zum Gedächtnifs der Eroberung Flanderns und
der Freigraffchaft im Jahre 1670 lüftete, der aber über die proviforifche Aus-
führung in Gips nicht hinauskam und deshalb nach 47jährigem Beflehen (1716)
wieder abgetragen werden mufste. Im Gcift der Louvrecolonnade gedacht, follte
er auch räumlich das Gegenftück zu derfelben bilden als der Abfchlufs einer