Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dohme, Robert; Dohme, Robert [Hrsg.]; Lücke, Hermann [Hrsg.]
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (3): Kunst und Künstler Spaniens, Frankreichs und Englands bis gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1880

DOI Artikel:
Regnet, Carl Albert: Nicolas Poussin: geb. in Villers bei Gross-Andelys 1594 (?), † in Rom 1665
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.36321#0199

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SEIN EINFLUSS AUF DIE ZEITGENOSSEN.

25

worden, den die großartige Umgebung der ewigen Stadt auf die Naturanßhauung
Poufßnß hatte, und daß ße ihm zum hauptfächiichften Vorbild wurde. Das gilt
nicht nur von dem landßhaftlichen Theile feiner hiftorißhen und mythologißhen
Bilder, londern auch insbesondere von ßinen eigentlichen Landfchaften, deren
Zahl freilich weniger bedeutend iß als man bei ihrem hohen Werthe wünfchen
möchte. Erreicht er auch Einen Zeitgenoßen Claude Lorrain nicht an Transparenz
der Farbe, an einßhmeichelnder Klarheit und Wahrheit der Licht- und Lufteffecte,
fo fteht er ihm an harmonißher Geßmmtwirkung zum Mindeßen gleich, und
übertrißt ihn unbeßreitbar an innerer Größe der Conception. Und doch war die
Landßhaßsmalerei nicht ßin eigentliches Gebiet.
Was ßine Technik anbelangt, ß wechßlt fie in leinen verßhiedenen Lebensab-
ßhnitten weit weniger als bei vielen anderen Künßlern bemerkbar iß. Sieht man
in dießr Beziehung von den Folgen ab, welche ßin oben erwähntes Verlaßen
der colorißißhen Richtung nach ßch ziehen mußte, ß gelangt man ßhließlich
wohl zur Annahme, daß von eigentlicher Manier bei ihm gar keine Rede fein
kann. Sondern nur von der Verwerthung einer Summe nach und nach angeeig-
neter technißher Erfahrungen.
Eine eigentliche Schule hielt PoufSn übrigens nicht; der tägliche, lebhafte Ver-
kehr mit einer Anzahl von jungen Leuten mußte dem Weßn eines Mannes wider-
ßreben, der von Natur aus zu contemplativer Lebensweife neigte und deshalb die
Einßmkeit Suchte. Dazu kam in ßinen Späteren Lebensjahren eine Kränklichkeit,
die ihn der Welt noch mehr entfremdete. So erklärt es ßch, daß der geßierte
Künßler nur zwei Schüler im ßrengen Sinne des Wortes hinterließ, nämlich leine
Schwäger, den Kupferßecher Jean Dughet und den Landßhaßsmaler Gaspard
Dughet, le Guaspre, noch ößer aber Gaspard Poußin genannt, da er aus Pietät
für ßinen Schwager deßen Familiennamen angenommen.
Jean Dughet hatte erkannt, daß ßine Begabung für die Malerei nicht ausreiche,
griß deshalb zur Radirnadel und zum Grabßichel, und ßach, unter Poufßnß Lei-
tung gebildet, Seines Meißers "Sieben Sakramente« die "Geburt des Bacchus« und
die "Himmelfahrt Mariä.« Gaspard dagegen Schwang ßch zu einem der berühmteßen
Landschaftsmaler aller Zeiten empor, indem er gleich ßinem Lehrer nach bedeut-
ßmer Auffaßung der Natur in ihrer edelßen und großartigßen Erlcheinung ßrebte,
und ßch namentlich eine ßltene Meißerlchaft in der Darßeliung wild empörter
Naturkräfte aneignete. Doch verßand er es auch trefßich die Natur in ihrer Ruhe
darzußellen, und es liegt dann über ßlchen Bildern eine tief ernße, oft ßlbß tief
melancholische Stimmung Schöner und wohlthuender, nicht leiten erhabenßer Art.
Aber trotz ßiner im Allgemeinen höchß eingezogenen Lebensweiß konnte
es ßch Poußin doch nicht verßgen, mit Männern wie Charles Lebrun, Pierre Le-
tellier, Jean Baptiße de Champagne und Antoine Bonzonnet, der ßch lpäter nach
ßinem Oheim Jacques Stella nannte, intim zu verkehren, ja Antoine Bonzonnet
ßgar in fein Haus aufzunehmen. Und das mag auch dazu Anlaß gegeben haben,
daß Einige Poulßn als das Haupt der franzößlchen Schule in Rom betrachten,
was freilich nur in dem Sinne zugegeben werden dürfte, daß Poufßn, der
feiner ganzen künßlerißhen Entwickelung nach der römißhen Schule angehört,
doch ßine nationale Eigenart nicht aufgab und durch ße der geißige Mittelpunkt
ßiner in Rom ßch der Kunß widmenden Landsleute ward.


4
 
Annotationen