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CHARLES LEBRUN.
handgreifliche Schmeichelei im Gefchmacke der damaligen Zeit. Diefe Bilder
waren in Fresko ausgeführt und exiftiren nicht mehr; doch find noch Stiche nach
ihnen vorhanden. Die Gefandtentreppe endlich decorirte er, indem er in einem
Deckenfresko die Mufen zeigte, wie fie dem Könige huldigen, und die Wände mit
meifterhaft gemalten, reichgemufterten Goldtapeten bedeckte, an denen vier grofse
Gemälde van der MeuleUs die Belagerung von Valenciennes, Cambrai, Saint-
Omer und die Schlacht bei Caflel darftellten. Vierzehn volle Jahre arbeitete Lebrun
im Verfailler Schlofse.
Damals ftand er auf dem Gipfel feines Glückes und feines Anfehens. Zu
feinen oben bezeichneten Aemtern war noch das des erften Präfidenten der könig-
lichen Akademie gekommen; die Akademie von San Luca in Rom hatte ihn
allem Herkommen entgegen zu ihrem erften Vorftand gewählt, und er diefe Stelle
zwei Jahre nacheinander bekleidet. Die Zwiftigkeiten mit der Akademie wegen
Charles BrrardN, des erften Directors der franzöfifchen Akademie in Rom, waren
in Lebrun zufriedenftellender Weife beigelegt und (fein Einkommen von $0,000
Livres jährlich) erlaubte ihm einen fürftlichen Haushalt zu führen.
Aber auch er follte erfahren, dafs kein Glück der Welt von Dauer.
ColberPs Nachfolger, Louvois, war Colbert und leinen Günftlingen feindfelig
gefinnt und ergriff deshalb in dem Streite Lebrurds und Pierre Mignard^s (flehe das
Leben Mignard's) für den Letzteren Partei und wurde dabei von den Damen am
Hofe unterftützt. Nur der König bewahrte Lebrun feine unveränderte Gunft.
Unter dem Drucke diefer Verhältniffe aber wagte es der Künftler nur noch
religiöfe Bilder zu malen, auf welche ihn gerade Naturell und Neigung am
wenigften hinwielen. Gleichwohl verfchaffte ihm eines derfelben (168$), feine
Kreuz-Erhöhung, noch einen unerwarteten Triumph. Es zu fehen, verliefs der
König mit Oftentation den Minifterrath und forderte feine Nichte, die daran
vorübereilen wollte, auf, ihr Lob mit dem feinigen zu vereinen. Und als er
bemerkt hatte, man pflege gegen Künftler erft nach ihrem Tode gerecht zu
werden, fügte er, gegen Lebrun gewendet, lächelnd bei: Aber beeilen Sie fleh
nicht zu fterben!
Lebrun ftarb am 12. Februar 1690 in feiner Dienftwohnung in der Gobelin-
manufactur. Seine Ueberrefte wurden in einer Kapelle der Kirche Saint Nicolas
du Chardonnet beftattet, welche er fchon lange angekauft, und für deren Altar
er feinen Schutzpatron den h. Carl und an deren Decke er einen Schutzengel
gemalt hatte. Seine Wittwe liefs ihm dort ein prächtiges Grabmal errichten.
Unter feinen zahlreichen Schülern finden wir feinen Bruder Gabriel, Claude
Audran, Frangois Verdier, Houalfe, Vernanfal, Lefevre und Viviani, zwar lauter
tüchtig gefchulte Künftler aber Keinen erften Rangs.
Lebrun zeichnete viel mit dem Bleiftift und dem Röthel, wobei er die
Schatten durch leichte Schrafflrung von der Rechten zur Linken anlegte und hie
und da Lichter mit weifser Kreide auffetzte. Bisweilen untertufchte er auch mit
chineflfcher Tufche oder Bifter und ging dann mit kräftigem Bleiftift darüber, um
die Wirkung zu erhöhen. Dabei ift fein Strich aufserordentlich leicht und
zugleich flcher, fo dafs Zeichnungen von feiner Hand nicht leicht mit denen
eines anderen Künftlers verwechfelt werden können.
Um Lebrun, der an der Grenzfcheide zwifchen dem flebzehnten und acht-
zehnten Jahrhundert ein thatenreiches Leben fchlofs — thatenreich, denn die Werke
CHARLES LEBRUN.
handgreifliche Schmeichelei im Gefchmacke der damaligen Zeit. Diefe Bilder
waren in Fresko ausgeführt und exiftiren nicht mehr; doch find noch Stiche nach
ihnen vorhanden. Die Gefandtentreppe endlich decorirte er, indem er in einem
Deckenfresko die Mufen zeigte, wie fie dem Könige huldigen, und die Wände mit
meifterhaft gemalten, reichgemufterten Goldtapeten bedeckte, an denen vier grofse
Gemälde van der MeuleUs die Belagerung von Valenciennes, Cambrai, Saint-
Omer und die Schlacht bei Caflel darftellten. Vierzehn volle Jahre arbeitete Lebrun
im Verfailler Schlofse.
Damals ftand er auf dem Gipfel feines Glückes und feines Anfehens. Zu
feinen oben bezeichneten Aemtern war noch das des erften Präfidenten der könig-
lichen Akademie gekommen; die Akademie von San Luca in Rom hatte ihn
allem Herkommen entgegen zu ihrem erften Vorftand gewählt, und er diefe Stelle
zwei Jahre nacheinander bekleidet. Die Zwiftigkeiten mit der Akademie wegen
Charles BrrardN, des erften Directors der franzöfifchen Akademie in Rom, waren
in Lebrun zufriedenftellender Weife beigelegt und (fein Einkommen von $0,000
Livres jährlich) erlaubte ihm einen fürftlichen Haushalt zu führen.
Aber auch er follte erfahren, dafs kein Glück der Welt von Dauer.
ColberPs Nachfolger, Louvois, war Colbert und leinen Günftlingen feindfelig
gefinnt und ergriff deshalb in dem Streite Lebrurds und Pierre Mignard^s (flehe das
Leben Mignard's) für den Letzteren Partei und wurde dabei von den Damen am
Hofe unterftützt. Nur der König bewahrte Lebrun feine unveränderte Gunft.
Unter dem Drucke diefer Verhältniffe aber wagte es der Künftler nur noch
religiöfe Bilder zu malen, auf welche ihn gerade Naturell und Neigung am
wenigften hinwielen. Gleichwohl verfchaffte ihm eines derfelben (168$), feine
Kreuz-Erhöhung, noch einen unerwarteten Triumph. Es zu fehen, verliefs der
König mit Oftentation den Minifterrath und forderte feine Nichte, die daran
vorübereilen wollte, auf, ihr Lob mit dem feinigen zu vereinen. Und als er
bemerkt hatte, man pflege gegen Künftler erft nach ihrem Tode gerecht zu
werden, fügte er, gegen Lebrun gewendet, lächelnd bei: Aber beeilen Sie fleh
nicht zu fterben!
Lebrun ftarb am 12. Februar 1690 in feiner Dienftwohnung in der Gobelin-
manufactur. Seine Ueberrefte wurden in einer Kapelle der Kirche Saint Nicolas
du Chardonnet beftattet, welche er fchon lange angekauft, und für deren Altar
er feinen Schutzpatron den h. Carl und an deren Decke er einen Schutzengel
gemalt hatte. Seine Wittwe liefs ihm dort ein prächtiges Grabmal errichten.
Unter feinen zahlreichen Schülern finden wir feinen Bruder Gabriel, Claude
Audran, Frangois Verdier, Houalfe, Vernanfal, Lefevre und Viviani, zwar lauter
tüchtig gefchulte Künftler aber Keinen erften Rangs.
Lebrun zeichnete viel mit dem Bleiftift und dem Röthel, wobei er die
Schatten durch leichte Schrafflrung von der Rechten zur Linken anlegte und hie
und da Lichter mit weifser Kreide auffetzte. Bisweilen untertufchte er auch mit
chineflfcher Tufche oder Bifter und ging dann mit kräftigem Bleiftift darüber, um
die Wirkung zu erhöhen. Dabei ift fein Strich aufserordentlich leicht und
zugleich flcher, fo dafs Zeichnungen von feiner Hand nicht leicht mit denen
eines anderen Künftlers verwechfelt werden können.
Um Lebrun, der an der Grenzfcheide zwifchen dem flebzehnten und acht-
zehnten Jahrhundert ein thatenreiches Leben fchlofs — thatenreich, denn die Werke