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Durch besseres Saatgut, die künstliche Düngung, zunehmende Entwässerung und den
Einsatz technischer Errungenschaften der Industrialisierung konnten die Erträge erheblich
gesteigert werden. Im zweiten Drittel des 19. Jh. wurden zahlreiche Arbeitsgeräte entwik-
kelt und in der Landwirtschaft eingeführt. Hierzu zählten: Sä-, Futterschneide-, Dresch-,
Kornreinigungs-, Rüben- und Kartoffelquetschmaschinen, Heuwender, Buttermaschinen
und seit 1851 die Mähmaschine. Als Antriebskraft wurde die Dampfkraft seit 1850 zum
Pflügen und Dreschen eingesetzt. Das Pferd als Zugtier konnte jedoch erst nach dem
Zweiten Weltkrieg durch den Traktor verdrängt werden. Durch das immer dichtere Ver-
kehrsnetz, den Ausbau der Straßen, den Bau der Eisenbahn, des Mittellandkanals und die
Straßenbahn, auf der damals auch Güterwagen eingesetzt wurden, konnten bisher uner-
reichbare Märkte erschlossen werden.

Gewerbe und Industrie
Die leichten Böden der Geestlandschaft in der Norddeutschen Tiefebene, unterbrochen
von Mooren und Bruchlandschaften, erlaubten kaum andere Nutzung als die der Landwirt-
schaft. Nur selten begünstigten Bodenschätze wie die Stein- und Kalisalze bei Hänigsen,
Seelze, Lehrte, Sehnde und Wunstorf oder der Raseneisenstein bei Isernhagen die Bevöl-
kerung im nördlichen Bereich. Öl trat hier zwar schon sehr früh an der Oberfläche aus,
wurde jedoch erst in unserem Jahrhundert stärker genutzt und abgebaut. Bevorzugt waren
die südlichen Städte und Gemeinden des Landkreises. Neben den reichhaltigen Stein- und
Kalisalzen bei Benthe und Ronnenberg, deren riesige Abraumhalden das Landschaftsbild
bestimmen, werden bei Lehrte und Wunstorf Kalke und Mergel abgebaut. Von der früheren
Bergwerksarchitektur aus der Zeit um 1900 ist nach den zahlreichen Stillegungen in den
letzten Jahrzehnten nicht viel übrig geblieben. Neben dem Verwaltungsgebäude in Ron-
nenberg und einigen betrieblichen Bauten in Sehnde und Lehrte sind einige Werksvillen
und Siedlungen der Werksangehörigen als Baudenkmale erwähnenswert. Die schon im
18. Jh. gewonnene Steinkohle des Deisters wurde seit der Abtäufung des Klosterstollens
durch die Klosterkammer im Jahre 1856 zur Grundlage der neuentstandenen Industrie im
Westen der Stadt Hannover. Mit Unterbrechungen wurde sie bis nach dem Zweiten Welt-
krieg abgebaut. Der Abtransport erfolgte durch die Straßenbahn und die spätere Eisen-
bahn Hannover-Barsinghausen. Mit der Stillegung der Zechen verschwanden auch die
meisten oberirdischen Bauten. In Bantorf bei Barsinghausen ist das ehemalige Zechenge-
bäude zu Wohnzwecken umgebaut. Einige Stollen und wassertechnische Einrichtungen
sind im Deister erhalten.
Die unzähligen Tonvorkommen lieferten den Rohstoff für die industriell hergestellten Ziegel.
Neben der traditionellen Holzbauweise war die massive Ziegelbauweise die Bauart des
späten 19. Jh. Seit 1800 entstanden über die gesamte Landkreisfläche verstreut eine
Unmenge von Ziegeleien. Bevorzugt war der Bereich entlang des Leine-Wietzegrabens.
Auffallend ist die Dichte der Ziegeleien im Raum Laatzen. Von hier kam das Material für
den Bau der meisten Häuser im Süden der Landeshauptstadt Hannover. Als Unternehmer
traten häufig die Besitzer der Güter oder Gemeinschaften reicher Bauern auf. Durch die
Rationalisierung in der Baugüterproduktion wurden fast alle Ziegeleien abgerissen. Nur
zwei alte Betriebe mit dem früher üblichen Ringofen sind als Baudenkmale im Raum
Neustadt am Rübenberge ausgewiesen.

Verkehr
Wie bereits in dem topographischen Teil ausgeführt, benutzen die Hauptverkehrswege die
durch die natürlichen Gegebenheiten begünstigten Bereiche zwischen der Geest und der
Mittelgebirgsvorlandzone in Ost-Westrichtung und dem Leine-Wietzegraben in Nord-Süd-
richtung. Die Verbindungswege von Dorf zu Dorf führten bis zur Gemeinheitenteilung durch
die unkultivierten Gebiete außerhalb der Dörfer. Die ehemaligen Heer- und Handelswege
wurden im 18. Jh. befestigt. Zwischen 1766 und 1786 wurden die Postwege von Hannover
über Neustadt am Rübenberge nach Bremen, von Hannover nach Hameln und Hildesheim
und Hannover über Pattensen nach Göttingen als Kunststraßen ausgebaut. Bis auf einige
Brückenbauten über kleine Bäche ist von dem alten Wegesystem nur wenig erhalten. So
bestehen Reste der alten Poststraße nach Celle bei Ehlershausen, gepflasterte Teilstücke
bei Isernhagen oder am Gehrdener Berg. Ehemalige Post- und Zollstationen sind in Schil-
lerslage, Gleidingen oder Wennigsen erhalten.
Die Leine wurde schon frühzeitig für den Transport von Waren zwischen Hannover und
Bremen benutzt. Zugleich nutzte man ihr Wasser, um die Gräben der Befestigungsanlagen
von Calenberg und Neustadt am Rübenberge zu fluten. Eine wassertechnische Anlage bei
Neustadt, eine Schleuse aus dem 18. Jh., die das Wehr umgeht, ist als Baudenkmal
erhalten. Der durch die Leine behinderte Verkehr wurde durch niedrige Furten geleitet oder
durch Fähren aufrechterhalten. Die älteste Steinbrücke aus dem 17. Jh. überspannt bei
Schulenburg die Leine. Drei weitere Brücken, die Stahlbrücke bei Schloß Ricklingen und
die Betonbrücken bei Lohnde und Gleidingen, sind als Baudenkmale ausgewiesen.

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