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Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0155
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Dem historisierenden Landhausstil folgt hinge-
gen die zweigeschossige Putzvilla Nr. 46, 1893
für den Burgdorfer Puddingfabrikanten F. W.
Zieseniss an der damals nur locker bebauten
und von frisch gepflanzten Alleebäumchen
begleiteten Straße errichtet. Risalite, kurze Sei-
tenflügel und Erker tragen zusammen mit Frei-
gespärren, verglaster Veranda und türmchenar-
tiger Gaube zur Bereicherung der Fassaden
bei, die allerdings in auffälligem Maße auf Fach-
werkimitationen verzichten, wie sie zur Bauzeit
außerordentlich beliebt waren; stattdessen fin-
den sich Eckquaderungen und muschelförmige
Fensterverdachungen als nobilitierende Anlei-
hen aus der Renaissance. Wenige Meter weiter
erhebt sich auf einer großflächigen Gartenpar-
zelle eine zweigeschossige Villa samt Remise
der zwanziger Jahre, ein in seiner Monumen-
talität durch einen Runderker mit Bronzekuppel
und Kollossal-Lisenen verstärkter Massivbau
(1921), denen einige verspielte Kassettierungen
entgegenstehen (Nr. 7). Die bürgerliche Villa ließ
der Burgdorfer Fabrikant 0. Hausmann für
seine guatemaltehische Frau errichten, auf
deren Wunsch hin auch der mächtige Rund-
erker entstand; nach ihr wird das Wohnhaus in
Burgdorf „Mercedes“-Villa genannt. Das nach
Plänen Fritz Bludaus realisierte Wohnhaus war
ursprünglich aufwendig ausgestaltet; allerdings
blieb nach zahlreichen Umbauten nur noch
weniges der Ausstattung erhalten, u.a. die
Farbglasfenster im Treppenhaus und ein Mar-
morkamin in der Erdgeschosshalle.
Den vorstadtähnlichen Anlagen ist auch der
Ausbau der Bahnhofstraße zuzuordnen, die in

Burgdorf, Schillerslager Straße 7, Villa von 1921 für den Fabrikanten O. Hausmann

Burgdorf, Schillerslager Straße 46, Villa von 1893 für den Fabrikanten F.W. Zieseniss


ihrer Führung zwar auf dem alten Wallverlauf
basiert, jedoch neue Dimensionen mit der
Anlage der Bahnhofsstation erhielt. Über lange
Jahre war sie eine von Alleen begleitete
Flanierstraße, die den von Rabatten und Baum-
gruppen aufgelockerten Bahnhofsvorplatz
erschloss: „Wie freundlich liegt der Bahnhof da
im Kranze frischgrünen Gebüsches“ beschrieb
H. Löns 1893 das von Hotels gerahmte Bahn-
hofsareal; spätestens seit der Altstadtsanierung
1986 ist dieses nun seines größten und letzten
Hotels, dem Hotel „Deutsches Haus“, beraubt -
auf seinem Standort erhebt sich heute eine
mehrgeschossige Parkpalette in Beton.
Immerhin bestand der zwischen 1845 und
1850 auf freiem Gartenland realisierte Massiv-
bau des Bahnhofsempfangsgebäudes (Theo-
dorstr. 10) bis 1958 aus einem zweigeschossi-
gen Putzbau (Büffethalle, Wartesaal III. Klasse)
unter flach geneigtem Satteldach, dem sich -
etwas zurückversetzt - ein eingeschossiger
Flachtrakt für den Fahrkartenverkauf, die Ge-
päckhalle und Wartesäle der I. und II. Klasse
anschlossen. Zwischen beiden vermittelte eine
kleine, durch hohe Arkaden geöffnete Vorhalle,
die zugleich eine lang gestreckte Veranda vor
der Gepäckhalle erschloss. Die gestuften
Ohrenrahmungen der hohen Fenster und Türen
prägten das Formenempfinden des späten
Klassizismus ebenso wie die streng geometri-
schen Gitter der Veranda - nur die schmalen
Rundbögen in der obergeschossigen Wohn-
etage (für den Bahnhofsvorsteher) des
Hauptgebäudes zeugten vom zeitgenössischen
sog. „Hannoverschen Rundbogenstil“. Denk-

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