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Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0446
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So gelobte der Bischof im Jahr 1332 seinen
Vettern, den Herzögen.dat hus to Retmere
...” zu brechen und einen Wiederaufbau zu ver-
hindern.
Dass die von Rutenbergs 1514 durch einen
Kaufvertrag mit den Herzögen von Braun-
schweig-Lüneburg in den Besitz der „Freien vor
dem Walde” gelangten, belegt jedoch die star-
ke Stellung der Familie ebenso wie ihre erneute
erfolgreiche Annäherung an den Landesfürsten.
Eine zweite Familientradition begann in
Rethmar mit den Herren von Eltz (1647-1727)
als rechtmäßige Erben derer von Rutenberg.
Unter ihnen erhielt das Herrenhaus, auf der
Kurhannoverschen Landesaufnahme bereits
mit „Adel Hof von dem Busche” überzeichnet,
seine heutige Gestalt.
Das Rittergut und die insgesamt acht nach-
weisbaren freien Höfe haben die Entwicklung
des Haufendorfes allerdings nicht in besonderer
Weise gefördert. So stieg auch die Einwohner-
zahl von den auf der Kurhannoverschen
Landesaufnahme kartierten 41 Feuerstellen bis
1870 nur zaghaft auf 515 Personen an. Eine
sprunghafte Vergrößerung auf fast das Drei-
fache setzte erst in der Nachkriegszeit ein,
abzulesen an den gleichmäßig parzellierten
Neubausiedlungen mit stereotyp proportionier-
ten Einfamilienhäusern im Norden und Westen
Rethmars, während den Dorfkern um Schloss
und Kirche noch Grünflächen und locker verteil-
te Gehöfte bestimmen.

Ehemaliges Rittergut Rethmar
Fast den gesamten südlichen Teil des Ortes
nimmt die historische Gutsanlage des Hauses
Rethmar (Gutsstr. 13) ein, dessen Anfänge
nachweislich bis in das Jahr 1332 zurückdatie-
ren. Zu dieser Zeit waren die Herren von Ruten-
berg (auch Ruthen- oder Rautenberg) als Ritter
und Drosten des Stiftes zu Hildesheim mit
Sehnde belehnt und residierten auf einer Burg
zu Rethmar, die sich möglicherweise am
Standort des heutigen Gutshauses erhob; nach
dem Aussterben der Familie 1647 trat die ver-
schwägerte Linie der Herren von und zu Eltz
das Erbe an.
Als Bauherr des überkommenen Herrenhauses
gilt Philipp Adam von Eltz (1665-1727), der durch
eine unrühmliche Tat bleibenden Ruf genießt.
Offenbar war er einer der vier Edelleute, die
wohl im Auftrag im Juli 1694 den Grafen Philipp
Christian von Königsmarck entführten, ermor-
deten und an unbekanntem Ort vergruben.
Grund für diese Tat war dessen zunächst ge-
heim gehaltenes Verhältnis mit der hannover-
schen Kurprinzessin Sophie Dorothea und Gat-
tin des späteren Königs Georg I. von Groß-
britannien, das der Hof zunächst duldete, mit
zunehmender Offenheit jedoch als überaus
kompromittierend empfand. Nach Beschluss
der in die Geschichte eingegangenen Verhand-
lungen im Amtshaus zu Bissendorf musste So-
phie Dorothea ihr Dasein fortan in Verbannung
auf Schloss Ahlden fristen (vgl. Wedemark-
Bissendorf, Gottfried-August-Bürger-Str. 1).

Offensichtlich wurde von Eltz’ Mittäterschaft
großzügig vergütet - so stieg er zügig in höchs-
te Ämter auf und erhielt auch das Amt des
königlichen Siegelverwalters zugesprochen.
Schon 1697 begann er mit dem Bau des über-
kommenen Herrenhauses, das sich mit einem
bereits bestehenden Flügelbau zu einem neuen
Komplex vereinigte; erst 1710 (Gartenportal
„1735”) war das großzügige, mit seinem
Namenszug signierte („Pjhilipp] Ajdam] Ejltz ?]
H[err] z[u] Ejltz]”) Bauprojekt vollendet: Der neun
Fensterachsen in der Länge messende zweige-
schossige Haupttrakt wird von einem drei
Achsen breiten Mittelrisalit dominiert, der sich
nach einer behutsamen und durch Liebe zum
Detail auszeichnenden Instandsetzung (1987-
89) um einen offenen Dachreiter, plastischen
Giebelschmuck und einen goldenen Strahlen-
kranz auf dem Zifferblatt der historischen Uhr
(19.Jh.) ergänzt präsentiert. Gleichzeitig wurde

der Komplex nach Befund neu gefasst und ein
lichtes Ocker gemäß der ersten Farbfassung
auf alle Putzflächen aufgetragen, während
Gewände, Sockel und Eckquaderungen stein-
sichtig verblieben. Schließlich gewann man
auch das zentrale Rosenbeet zurück, das bis
zu seiner Planierung um 1935 den kleinen
Ehrenhof zierte. Zusammen mit den in Form
geschnittenen Bäumen, die den Hof umlaufen,
bildet es den Auftakt zum instand gesetzten
Herrenhaus, dessen Zweiphasigkeit erst bei
näherer Betrachtung wahrzunehmen ist. So
weisen gekehlte Pfostenfenster und ein von
Hermenpilaster flankiertes Schmuckportal mit
der Bauinschrift „1575” auf ein höheres Bau-
alter des Westflügels hin, der wohl gesamtheit-
lich im 16.Jh. entstand. Mit der Zeitsetzung har-
moniert eine 1987 aufgedeckte Rankenmalerei
am sog. Königsbalken, dem von schweren
Holzstützen abgefangenen Hauptunterzug.


Rethmar, Gutsstraße 13, ehern. Rittergut, Grundriss der Dreiflügelanlage (Plansammlung des Nieders.
Landesamtes für Denkmalpflege)

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