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1878 verlängerte man die Nikolaistraße nach
Süden, um einen Zugang zur projektierten
Herbartschule (Nr. 1 a, erbaut 1879, Architekt
Gerber, vgl. Bürgerstraße) und den geplan-
ten Erweiterungsgebieten im Süden der
Stadt zu schaffen. Um diese Zeit entstanden
die Schule und eine Villa (Nr. 30, ca. 1880),
die gemäß ihrer Lage, der anspruchsvollen
renaissancistischen Architektur und des
Materials mit den Villen der Bürgerstraße
korrespondiert (vgl. Bürgerstraße).
Durch die erweiterte Bedeutung als Verbin-
dungsstraße zwischen Altstadt und südli-
chen Außenbezirken änderte sich die
Bebauung der Nikolaistraße besonders auf
der Ostseite und in der Nähe der Groner
Straße: Die alte Fachwerksubstanz ging
nach 1900 für einfache mehrgeschossige,
meist verklinkerte Mietwohn- und Ge-
schäftshäuser verloren. Aber es findet sich
hier auch ein Beispiel für translozierende
Baukonservierung: 1899 versetzte man die
Fassade der „Alten Fink” mit ihrem reichen
Frührenaissance-Fachwerk von der Groner
Straße auf ein damals freies Grundstück an
der Ostseite der Nikolaistraße (Nr. 1 b)

schräg gegenüber dem alten Mauerturm;
diese neugeknüpfte räumliche Beziehung
zwischen zwei „altväterlichen” Bauwerken
zerstörte allerdings nach ein paar Jahren der
Bau eines mehrgeschossigen Miethauses.
Die Westseite wurde vom Bauboom noch
nicht so stark heimgesucht. Nördlich der
Turmstraße steht eine Gruppe von Fach-
werkhäusern aus der 2. Hälfte des 18. Jh. (Nr.
22- 27), die trotz der Veränderungen die
charakteristischen Züge der Stadterneue-
rung dieser Epoche dokumentieren. Erwäh-
nenswert erscheint das Haus Nr. 22 mit der
korbbogigen Einfahrt.
Düstere Straße
Als zweite Straße des Nikolaiviertels führte
die Düstere Straße ebenfalls nach Süden auf
die Stadtmauer und einen Turm zu; ein
Mauerrest bildet die Südfront des alten
Fachwerkhauses Nr. 31.
Später ermöglichte eine Pforte den direkten
Zugang nach den beiden am Leinekanal
gelegenen Mühlen (Odilienmühle, Hospital-
straße 6; Lohmühle, Lohmühlenweg 1), über
die seit 1342 Nachrichten vorliegen (s. u.
Hospitalstraße).

Der Name „Düstere Straße” (1419 tenebrosa
platea) erklärt sich aus der ursprünglich
geringen Straßenbreite, die die vorsprin-
gende Flucht der älteren Fachwerkgebäude
der Westseite (Nr. 21, 26, 31) verdeutlicht.
Um 1700 wies die Bebauung beträchtliche
Lücken auf, die im Laufe des 18. Jh. bis auf
einen kurzen Abschnitt der Westseite (nörd-
lich Nr. 20) geschlossen wurden. Inzwischen
setzt sich der Bestand aus Gebäuden des
16.-20 Jh. zusammen; die mehrgeschossi-
gen Ersatzbauten am nördlichen Straßenab-
schnitt hängen z. T. mit der Entwicklung der
Groner Straße zu einer der wichtigsten
Geschäftsstraßen zusammen.
Den Hauptteil der Fachwerksubstanz bilden
kleinere Häuser aus dem 17. und 18. Jh. für
weniger begüterte Schichten. Daneben
haben sich drei große gotische Fachwerkge-
bäude aus der Zeit um 1550 erhalten
(Düstere Straße 8, 20, datiert 1568, 21). Die
beiden stilistisch jüngeren Häuser mit ihrer
reichen Ausbildung von Gebälkzone mit
Knaggen, Schiffskehlen (Nr. 21), Fußbän-
dern, Streben und Blattwerkschnitzerei mit
Wappen im Stil der Frührenaissance lassen


Nikolaistraße 1 b, Fassade Ende 16. Jh

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Kurze Straße (13), 12, 10 ff und 6 ff



Düstere Straße 21, 22, Mitte 16. Jh.

Düstere Straße 8. Mitte 16. Jh

Nikolaistraße 1 a, Architekt Gerber, 1879;
Wöhler - Denkmal, Bildhauer F. Hartzer, 1888/90

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