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Nach dem Ersten Weltkrieg und weiter nach
1945 setzte sich die Besiedlung zwischen
Lotzestraße und Reinhäuser Landstraße
fort, so daß heute die Grenze zur Gemar-
kung Geismar erreicht ist.
REINHÄUSER LANDSTRASSE
Die Landstraße nach Heiligenstadt wurde
als dritte der von Göttingen ausgehenden
Chausseen fertiggestellt; auf der Kurhanno-
verschen Landesaufnahme von 1784
erscheint sie noch als Projektion. Ihr Verlauf
folgt im nördlichen Abschnitt (bis Höhe Ste-
gemühle) in etwa einem älteren Weg, der
sich dann allerdings verzweigte. Die Straße
selbst wurde schnurgerade fortgesetzt und
bis südlich der Landwehrschenke mit Pap-
peln bepflanzt, die allerdings schon 1868 ein
Orkan größtenteils entwurzelte. Die Land-
wehrschenke-schon in der Gemarkung des
Dorfes Geismar - entstand im Zusammen-
hang mit dem Ausbau der Straße auf dem
Platz der einstigen „Dreckwarte”; als Aus-
flugsziel hatte sie für die Göttinger Bevölke-
rung eine gewisse Bedeutung und ist mit
einem Anbau von ca. 1900 und verändertem

Riemannstraße 8, 7 ff


Reinhäuser Landstraße 30,
Architekt Hannig, 1897


Eingangsbereich relativ ungestört erhalten.
Noch weiter südlich an der heutigen Stadt-
grenze steht das sozialgeschichtlich interes-
sante Deputatsarbeiterreihenwohnhaus
des Reinshofs (Rosdorf) aus dem mittleren
19. Jh. mit rückwärtigem Stall.
Die eigentliche Aufsiedlung der Straße
setzte selbstverständlich in Stadtnähe in
Bürgergärten ein, wo bereits im späten 18.
Jh. einige Gartenhäuser vorhanden waren.
Eines dieser Sommerhäuschen in Fachwerk
mit Quader-Holzschalung an der Front und
schwungvollem Mansarddach findet man
noch auf dem Grundstück Nr. 32. Es dürfte
etwa 40 - 50 Jahre vor dem anspruchsvolle-
ren klassizistischen Putzbau, Reinhäuser
Landstraße 10, entstanden sein. Dieser, bis
auf die Dachhäuschen der Front in origina-
lem Zustand belassen, stammt etwa aus der
Zeit der gegenüberliegenden Kaserne
(1830/35) und repräsentiert die erste Wohn-
hausbebauung in diesem Sektor.
Ab 1865/70 wurde die Besiedlung dichter
und erreichte ca. 1880 die Höhe derSchiller-
straße. Es entstanden freistehende Ein- und

Zweifamilienhäuser in Gärten, die später z.
T. geteilt und noch einmal bebaut wurden.
Das Material ist meistenteils Klinker und -
wie in Göttingen üblich - Naturstein am Kel-
lersockel. Weniger anspruchsvoll als die
zeitgleichen Villen (z. B. an der Bürgerstraße)
finden sich unter diesen heute leider häufig
veränderten Bauten bemerkenswerte
Exemplare einer an derTradition geschulten
Handwerker-Architektur.
Mehr Aufwand ist an der Villa des Oberge-
richtsrats Wedekind (Nr. 15) betrieben, die in
den sechziger Jahren als ein durchgeglie-
derter Baukörper in gelber Klinkerausfüh-
rung mit historistisch-gotisierenden Formen
erbaut und möglicherweise von der Archi-
tektur des Landeskrankenhauses am Ros-
dorfer Weg (s. o. Die westlichen Stadtge-
biete) beeinflußt wurde.
In den frühen siebziger Jahren entstand das
wohl älteste erhaltene Verbindungshausder
Stadt (Korps Teutonia) an der Reinhäuser
Landstraße 26. Es ist ein repräsentativer, in
spätklassizistischer Tradition stehender
Werksteinbau, dem das ehemals große

Reinhäuser Landstraße, Deputatsarbeiterreihenhaus des Reinhofes, Mitte 19. Jh.


Felix-Klein-Straße 1, 1910


Reinhäuser Landstraße 10, ca. 1835



Reinhäuser Landstraße, Landwehrschenke,
ca. 1800

Reinhäuser Landstraße 32, ehern. Gartenhaus,
ca. 1780


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