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Seiten des Gebäudes; nur auf der Rückfront
durchbricht der turmartige Mittelabschnitt
(Treppenhaus) diese Ordnung. Die Haupt-
fassade ist gleichzeitig die Gartenfassade
und richtet sich zur Straße. Hier erfährt der
zwischen den zweiachsigen Seitenrisaliten
eingezogene dreiachsige Mittelabschnitt
seine festliche Steigerung durch die über-
dachte Terrasse in Form einer toskanischen
Säulenvorhalle mit Freitreppe zum Garten
und durch die Gestaltung des Altans am
Obergeschoß mit Balustrade und mit
Wandgliederung aus korinthischen Pilastern
bzw. Halbsäulen am leicht vorgekröpften
Mittelteil mit Giebel. Besonderes Interesse
verdient auch der in Göttingen sonst nicht
übliche oder nicht erhaltene gewächshaus-
artige Wintergarten auf der Ostseite.
Die Mehrzahl derGöttingerVillen, die gleich-
zeitig oder kurz darauf entstanden, wirkt
weder in der Form noch im Material so
anspruchsvoll, als Beispiel mögen dienen
Herzberger Landstraße 33, ein Tuffsteinbau
mit Sandsteingliederung im Stil der Neore-
naissance-„Nachfolger” z. B. von Herzberger

Landstraße 13 (s. o.) - und das Gebäude aus-
dem gleichen Material an derfrisch angeleg-
ten Wagnerstraße Nr. 1 von ca. 1880, das
durch die Dachform und die Betonung des
belichteten Drempels durch Sgraffito-Felder
auffällt. Besonders reizvoll kontrastiert die
zartgliedrige Eisenkonstruktion an Terrasse
und Altan als gestalterisches Element zu
der kompakten Gartenfassade.
Am Hainholzweg und an der Wagnerstraße
entstanden in den achtziger und neunziger
Jahren weitere Villen oder villenähnliche
Wohngebäude (die z. T. inzwischen abgeris-
sen oder verändert sind), denn das Gebiet
um die Herzberger Landstraße war gegen
Ende des 19. Jahrhunderts endgültig zum
bevorzugten Wohngebiet der führenden
Schicht in Göttingen geworden.
In den neunziger Jahren legte man die Mer-
kelstraße an. Das erste Gebäude errichtete
der „Verein Christlicher Lehrerinnen” als
Wohnheim für pensionierte Lehrerinnen
1894/95 auf der westlichen Straßenseite (Nr.
2). Es ist ein zweigeschossiges rotes Klinker-
gebäude auf hohem, angeböschtem Natur-

steinsockelgeschoß und unter Walmdach,
dessen Gliederung symmetrisch durch Sei-
tenrisalite und einen mittigen, turmähnli-
chen, polygonalen Vorbau - der Helm heute
gestutzt - erfolgt. Die Wandgliederung über-
nehmen geschoßübergreifende Fensterni-
schen und Natursteinbänder in Kämpfer-
höhe. Das relativ große Grundstück stiftete
der Tuchfabrikant Levin (vgl. Levinstraße,
Die westlichen Stadtgebiete), der sich 1899/
1900 von den Berliner Architekten Grise-
bach & Dinklage auf dem südlich benach-
barten, ehemals größeren parkartigen
Grundstück seine Villa mit Gärtnerhaus und
Remise mit Kutscherwohnung (Merkel-
straße 4, 6, 7) erbauen ließ, die nicht nur für
Göttinger Verhältnisse außerordentliche
Dimensonen besitzt (Grundfläche des
Haupthauses ca. 750 qm, dazu kamen meh-
rere Terrassen).
Das Haus besteht aus zwei Vollgeschossen
über einem Sockelgeschoß und einem wei-
teren Wohngeschoß im hohen Dach. Als
Material verwendete man am Sockel Granit
und Kalkstein, sonst Buntsandstein und Tuff-
stein, das Dach hat eine altdeutsche Schie-


4' i

Merkelstraße 2, 1894/95

Merkeistraße 4, Architekten Grisebach & Dinklage, 1899/1900


Merkeistraße 7,1899/1900


Merkeistraße 6, 1899/1900


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