Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ferdeckung. Der Grundriß entwickelt sich
aus einer über beide Geschosse gehenden,
von Osten belichteten zentralen Halle, die
man von Norden übereine überdachte „Auf-
fahrt” und eine vestibülartige Treppe
erreichte. Die Repräsentationsräume lagen
im Hochparterre, die Erschließung der Zim-
mer oben erfolgte über die in die Halle inte-
grierte Haupttreppe und Galerien. Aus die-
sem Grundriß ergibt sich die „malerische”
Differenzierung des Baukörpers und der
asymmetrischen Fassaden duch Risalite,
Ausluchten, Fenster, Loggien, Terrassen
usw. Dem zentralen, steilen Walmdach
lagern nach allen Seiten Sattel-Querdächer
mit mächtigen Schaugiebeln vor. Die
abwechslungsreiche, charakteristische Sil-
houette des Baus bestimmt der hohe „Bel-
fried”.
Der mächtige Bau ist der Burgen- und
Schloßarchitektur des mitteleuropäischen
16. Jh. nachempfunden, wobei die reichen
hervorragend gearbeiteten Einzelformen
weniger kopierend als assimilierend sind
und leichte Neigung zum Jugendstil zeigen.
Seit der Umnutzung als „Nansen-Haus” und

als Goethe-Institut finden sich auf der Nord-
und Südseite Anbauten, die diese beiden
Fassaden stören; sonst ist der Bau ziemlich
gut erhalten. Die beiden dazugehörigen
Nebengebäude haben villenähnlichen
Anstrich und sind ebenfalls im malerischen
Stil der Jahrhundertwende gebaut. Im gan-
zen haben wir hier ein hervorragendes
Ensemble großbürgerlicher Architektur und
ein Dokument des Repräsentationsbedürf-
nisses seiner Bewohner vor uns.
Die Merkeistraße, auf deren erhöhter Ost-
seite ca. 1905 (Nr. 5) und 1907 (Nr. 3) zwei
anspruchsvolle, große Mietwohnhäuser ent-
standen, endete zur Erbauungszeit des
Levinschen Anwesens an der Kaiserallee,
die 1880 im Zuge der Aufforstung des Hain-
berges (s. u.) angelegt und dem lebhaft flie-
ßenden Reinsbach folgend, vom Hainholz-
weg nach Osten zum Waldsaum führt. Sie
bildet praktisch die südliche Grundstücks-
grenze. Der Platz für die Villa war mit
Bedacht hier gewählt worden: Beherr-
schend nahe und oberhalb der Stadt, zu-
gleich in unmittelbarer Nachbarschaft zur
„romantischen Natur”, verhieß er sowohl

Schillerwiese mit Gartenpavillon


Herzberger Landstraße 47, Architekt
Tilemann, 1906/07


Herzberger Landstraße 48, 1910


Herzberger Landstraße 45, ca. 1906/07


dauerhafte Repräsentation als auch gefühl-
volle Einbindung in die Landschaft. Diese
Umgebung blieb den Gebäuden erhalten, so
daß man die Beschneidung des westlich lie-
genden Levinschen Privatparks (auf dem
Grundstück Hainholzweg 31 steht noch ein
Teepavillon) verschmerzen mag.
Der südöstlich zwischen Merkeistraße,
Kaiserallee, Reinkeweg und Hainholzweg
liegende Landschaftspark „Schillerwiese”
entstand 1905 aus einem sechs Morgen
großen, 1901 von der Universität eingerichte-
ten Sport- und Spielgelände. 1906/07 be-
pflanzte man ihn mit seltenen Bäumen und
stellte die „Schutzhütte” auf. 1935 ließ die
Stadt den klassizistischen Gartenpavillon
von ca. 1806 (Jerome-, Scharnhorst- oder
Schillertempel) als point de vue hierher ver-
setzen; seine Herkunft ist unbekannt, zuletzt
stand er auf dem GrundstückWagnerstraße
3/5. Er ist der einzige erhaltene Gartenpavil-
lon aus derzeit des Klassizismus (vgl. Fried-
länder Weg 4, Papendiek16). Seit 1877 findet
sich hier, heute integriert in die Anlage, das
erste Trinkwasserreservoir der Stadt; 1902
kam ein Wasserhäuschen hinzu. Östlich des

Hainholzweg 31, Teepavillon, ca. 1900


Merkeistraße 5, ca. 1905


98
 
Annotationen